Mittwoch, 7. Mai 2014

Die kubanische Tourismusbranche: staatlich vs privat

Der Tourismus ist einer der Haupteinkommensquellen von Kuba. Auf der einen Seite gibt es die privaten Casas Particulares,Führer, Paladares (kleine Restaurants), auf der anderen Seite gibt es die staatlichen Hotels, Museen und Restaurants. Beide haben ihre Vor- und Nachteile.

Am Flughafen an wird man mit einem muffeligem Gesicht von den staatlichen Angestellten begrüßt.Kommt man dann aus dem Flughafen herausschlägt einem die Welle des Kapitalismus in Form von Taxifahrern entgegen. Jeder möchte einen nach Havana fahren. Allerdings sind der Mindestpeisunter den Taxifahrern abgesprochen. Also doch nicht so ganz marktwirtschaftlich.

In unserer casa particular in Viñales
In der Stadt angekommen kann man bei Leuten, die ein Zimmer bei sich zu Hause vermieten, unterkommen. Seit zwei Jahren schießen diese CasasParticulares wie Pilze aus dem Boden. Gut für uns, 
denn wir haben die Qual der Wahl. Was dazu führt, dass im kleinen Dorf Viñales der dort ankommende Langstreckenbus, in dem fast ausschließlich Touristen fahren von Frauen und Männern belagert wird, die Schilder mit Bildern ihrer Zimmer hochhalten und einen dazu bewegen möchten zu ihnen nach Hause zu kommen. Unser erster Instinkt dabei ist zumeist Flucht. Sind wir den Wogen entkommen und haben uns mehr oder weniger in Ruhe eine Bleibe gesucht, fängt der gute Teil der Privatwirtschaft an. Denn wenn man sich mit den Kubanern auf einen Deal geeinigt hat (und das Portemonnaiegeöffnet hat), öffnen sie ihr Herz. Sie tuen wirklich alles dafür, dass man sich bei ihnen wohl fühlt. Tischen einem bestes Essen auf, Langustenschwänze zum Beispiel. Zum Abschied gibt es immer noch eine Visitenkarte, denn ohne Internet leben die meisten Häuser von Mund-zu-Mund-Propaganda.



Hotel Moca in Las Terrazas
Das Kontrastprogramm zu unserem stürmischen Empfang in Viñales hatten wir im wunderschönen aber staatlich geführten Eco Hotel Moca in Las Terazas. Dort standen drei Mitarbeiterhinter der Rezeption und 7 Gäste davor. Keinem wurde aber wirklich weitergeholfen. Stattdessen kramten die Mitarbeiter mal hier, mal dort, beantworteten das Telefon oder versuchten einem weiteren Gast zwischendurch abzufertigen, meist ohne Erfolg. Beim Frühstücksbuffet wurden wir dann abermals an die staatliche Führung erinnert. Wir hatten regelrecht ein schlechtes Gewissen,weil wir mehrmals zum Buffet gingen. Als wir dem herumlungernden Kellner unsere benutzen Teller zum Abräumen in die Hand drückten und nach einer neuen Gabel fragten, war der Ofen ganz aus. Um Punkt 10 Uhr wurden wir gebeten zu gehen: "Auf jetzt, wir haben geschlossen." Auf der positiven Seite kann man aber verbuchen, dass man uns zwar Dinge anbot, sie uns aber keinesfalls aufschwatzen wollte.

Gleiches ist bei Restaurants, Touren und Transport zu beobachten. Während man in staatlichen Restaurants regelrecht um eine Speisekarte betteln muss, versuchen die privaten auf Touristen ausgerichteten Restaurantangestellten einen nach italienischer Manier ins Restaurant zu zerren. In den weniger aggressiven privaten Restaurants sind Essen und Service meist sehr gut. Das schlägt sich allerdings auch meist im Preis nieder, wo der Unterschied zwischen staatlich und privat auch mal einFaktor zehn sein kann. So bekommt man in den staatlichen Cafeterien für 8 Cent ein gebratenes Ei mit Brötchen. In einem privaten Restaurant würde man einen Euro bezahlen.

Ich kann mich noch nicht wirklich entscheiden, was ich besser finde, einen muffeligen Angestellten, der mir nichts aufschwatzen will und der seinen Job macht, nicht mehr und nicht weniger; oder eine Privatperson die mir hinterher läuft und immer etwas aufschwatzen möchte, was ich gar nicht brauche. In Viñales wurden wir ständigin lockere Gespräche verwickelt. Man wollte als erstes immer wissen wie lange wir noch bleiben und was wir schon gesehen hätten. Daraufhin konnten wir die Checkliste des Gegenübersförmlich rattern hören. Scheinbar zufällig wusste er dann von einer ganz besonderen Höhle, die kaum jemand anderes kennt, er konnte uns zu einer besonderen Tabakplantage bringen, Pferde, Fahrräder, Taxen vermitteln oder aber Rum und Zigarren besorgen. Wir waren irgendwann einfach nur noch genervt von dieser Art Mensch, die in uns offensichtlich wandelnde Dollarzeichen sehen.

In Trinidad erlebten wir unseren bisherigen Höhepunkt an Touristennepps. Uns folgten Leute ins Restaurant die behaupteten uns hergebracht zu haben um eine Kommission zu kassieren. Dafür bekamen wir die Karte mit den überhöhten Preisen. Als wir daher gehen wollten,sagte man uns die wirklichen Preise: 8$ statt 18$. Am nächsten Tag hielt der Fahrradtaxifahrer die Rucksäcke als Geiseln, weil wir nicht das Doppelte des vorher vereinbarten Preises zahlen wollten. Regelmäßig bekommen wir hier zu wenig Wechselgeld, und all das ist nur die Spitze des Eisberges.

Im legendären Nachtleben von Kuba wird es noch interessanter. Dann gehen nämlich die Gigolos auf Pirsch. Überall in Kuba haben wir gutgebaute meist dunkelhäutigeMänner mit blonden meist Mitte vierzigjährigen manchmal aber auch jüngerenTouristinnen gesehen.Als mich Thorben einmal kurz auf dem Marktplatz von Viñales alleine ließ, setzte sich 3 Minuten später ein Gigolo neben mich und begrüßte mich mit einem beiläufigen"Hola" und einem verführerischen Seitenblick. Ein anderer Jünglingkam kurz darauf vorbei und begrüßte"meinen" Gigolo mit einem Blick auf mich mit: "Ah, du arbeitest..."Erst als Thorben kam schien dem Gigolo die Situation aussichtslos und er verschwand. Beim Tanzen ist es noch offensichtlicher. Nachdem wir zum dritten mal Abends in der einzigen Tanzbar von Vinales waren, kannten wir die Gigolos schon alle und konnten vergnügt beobachten wie sie die armen neuangekommenen Touristinnen mit Salsaschritten und ihrem Hüftschwung umgarnten wie eine Spinne ihr Opfer. Zu gerne würde ich wissen wie das Spiel weitergeht. Ich vermute, dass die Gigolos, wenn sie denn Erfolg haben, eine Art Freund auf Zeit sind und ihren Opfern irgendwie das Geld aus der Tasche ziehen. Zum Beispiel könnten sie um Geld für die dringend benötigte Medizin ihrer Großmutter bitten. Manche mögen auch darauf aus sein nach Europa oder Nordamerika auszuwandern. Alles Spekulation aber durchaus unterhaltsam.

Ich bin mir ganz sicher, dass die Kubaner ausserhalb des Touristenstroms sehr herzliche und offene Menschen sind. Immer wieder beoabachten wir, wie nett die Menschen hier miteinander umgehen. In den Dörfern kennt jeder jeden und man hilft sich gegenseitig.Wir haben auch mit unseren Gastgebern in den CasasParticulares und unseren Führern nur gute Erfahrungen gemacht. Ganz besonders in den wenigertouristischenOrtenwie Santa Clara waren die Leute sehr herzlich und haben sich für uns eingesetzt wenn uns andere überhöhte Preise abknüpfen wollten.Trotzdem drücken die wiederkehrenden offensiven oder unterschwelligen Verkaufs- und Bescheißversuche auf die Stimmung. Man wird gereizt und vermutet bei jedem, der einen Anspricht einen Hintergedanken.

Ich glaube mittlerweile, dass mir die muffeligen Staatsangestellten fast lieber sind als die allzeitbereiten Privatleute die um die Touristen herumschwänzeln. Bei ihnen weiss ich wenigstens woran ich bin. Und falls sie unerwarteterweise mit einem plaudern und freundlich sind, dann ist es ehrlich gemeint.

Barbara

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