Mittwoch, 29. Januar 2014

Proteste in Bangkok

In den Kreuzungen brennen Autoreifen, man hört Schuesse, Menschen rotten sich zusamen, laufen durch die Strassen und werfen Steine.

Nein, so sehen die Proteste in Bangkok nicht aus. Wichtige Strassenkreuzungen sind in der Tat besetzt und abgesperrt. An den Absperrungen lassen freundliche Männer Fußgänger passieren und die wenigen Motorradfahrer die sich doch hierher verirren informieren sie über mögliche Alternativwege. Keine Spur von Aggressionen.

Auf den Kreuzungen sind BuBühnenehnen aufgebaut auf denen scheinbar zu jeder Tages und Nachtzeit jemand redet, singt oder tanzt. Die Anhänger sitzen unter einem Zelt, das Schatten spendet und auf Picknickdecken. Ab und zu pfeiffen sie zustimmend auf ihren Trillerpfeifen, ansonsten essen oder dösen sie auch.


Auf den nun ungenutzten Strassen um die Kreuzung herum hat sich ein Markt gebildet. Geschäftstüchtig wie die Thai sind, kann man hier neben verschiedenen Gerichten und Getränken auch Anziehsachen und Plunder kaufen. Je näher man an die Kreuzung kommt, umso politischer werden die Sachen, die feilgeboten werden. Neben T-Shirts, Thrillerpfeiffen, Fahnen und Anstecknadeln mit Slogans der Protestbewegung, kann man hier auch Einkaufsbeutel, Cowboyhüte, Fliegen und Handycover mit politischen Motiven kaufen.



Neben dieser an einen Jahrmarkt erinnernden Atmosphere vergisst man leicht wie ernst es den Protestlern ist. Tausende von Zelten stehen in der Stadt verteilt in denen die Protestler seit zwei Wochen ausharren. Als wir zu einem grossen Park spazierten um dort zu lesen, fanden wir uns in einem Zeltcamp wieder. Etwa fünfhundert Zelte befinden sich in und um diesen Park. Die Leute nutzen die Toiletten des Parks, waschen Wäsche und selbst einen improvisierten Friseursalon haben wir gesehen. Besonders beachtlich fanden wir, dass hier alles friedlich und sauber ist. Nirgendwo liegt Müll rum, es gibt keine Alkoholflaschen. Als wir im Park umhergingen wurden wir sogar von von Leuten, die vor dem Zelt aßen, eingeladen und sahen eine Gruppe, die vermutlich für eine Tanzaufführung auf der Protestbühne probte.


Auch den Anhängern der jetzigen Regierung ist es ernst. Das friedliche Bild, das wir von den Protesten haben wurde erschüttert als wir aus dem Fernsehen von einem Attentat auf einen Protestführer, am anderen Ende der Stadt, erfuhren. Auf den Straßen in Bangkok, jedenfalls abseits der besetzten Kreuzungen, war von diesem Vorfall jedoch nichts zu spüren.

Wir haben uns noch nicht so ganz entschieden auf wessen Seite wir bei diesen Protesten stehen. Die Korruption der jetztigen Regierung ist unumstritten. Dennoch, sie ist demokratisch gewählt und wird wahrscheinlich auch die nächsten Wahlen wieder gewinnen. Ich bezweifle, dass eine Regierung aus Technokraten, wie es die Protestler wollen, weniger korrupt sein wird.

Barbara

Montag, 27. Januar 2014

Dos and don'ts in Indien

Do

Nimm Einladungen zum Essen oder Tee an, sie sind ernst gemeint, jedenfalls in nicht touristischen Gegenden.

Stell beim Smalltalk Fragen nach Frau und Kindern. Dann tauen viele auf und freuen sich.

Nimm dir Zeit fuer die Menschen. Sie sind was das Land reisenswert macht. Am besten ein soziales Projekt machen.

Nimm fuer touristische Fahrten einen Fahrer. Erspart viel Stress.

Mach trotzdem eine Fahrt im Zug. Ein toller Ort um mit Indern ins Gespräch zu kommen.

Schau dir einen Bollywoodfilm im Kino an. Man versteht den Inhalt auch wenn der Film auf Hindi ist. Und der johlende Applaus fuer den Kinohelden hat Konzertfeeling.

Iss mit den Händen. Es braucht etwas Übung, aber dann machts Spass. Vor allen den Indern die zuschauen.

Mach oefter mal ne Pause! Das ist das Wichtigste.


Don't

Geh nicht nach Einbruch der Dunkelheit auf unbelebte Straßen.

Fahr nicht nach Jaisalmer. Die einzige noch bewohnte Festung Indiens ist eine Touristenhoelle. Überall wird man von Verkäufern und Neppern genervt.

Stell keine Suggestivfragen: is the temple this way? Wird immer mit ja beantwortet.

Geh nie davon aus, das Plan A funktioniert. Dann freut man sich, wenns doch klappt.

Hab kein schlechtes Gewissen, dass es dir besser geht als den Menschen die du auf der Strasse siehst.

Barbara

Sonntag, 26. Januar 2014

Indien - unser Fazit

Nach fast zwei Monaten Indien ist Zeit, ein Fazit zu ziehen. Wir sitzen jetzt in Bangkok und fangen an, etwas Abstand zu gewinnen. Trotzdem, ein Fazit ist gar nicht so einfach - zu vielseitig ist das Land. Der Text ist daher etwas länger als normal...


Zeitreise

Reisen in Indien ist wie eine Zeitreise. Auf dem Land sieht man auf den Strassen Frauen, die Holz oder Wasser auf dem Kopf balancieren, Kinder die Schaf- oder Ziegenherden vorantreiben, Wasserbüffel auf der Suche nach Futter und Männer mit Handwagen die Obst und Gemüse feilbieten. Auf den Feldern pflanzen Frauen Reis von Hand ein, Ochsen werden im Kreis geführt um Wasser hochzupumpen oder ziehen einen Pflug. In den Städten herrschen nachts Hunderudel und der Müll wird verbrannt. Das alles erscheint mir wie aus dem Anfang des letzten Jahrhunderts.



Auf dem Land in Rajasthan

Und das ist die "moderne" LKW-Flotte


Auch die sozialen Normen scheinen mir aus der Zeit meiner Großeltern. Frauen müssen sich züchtig bedecken und für die Familie kochen. Die Männer- und Frauenwelten sind streng getrennt. Glaube und Aberglaube sind allgegenwärtig. Es gibt Verhaltenskodexe innerhalb der verschiedenen Gemeinschaften bzw Kasten. Diese sorgen, ähnlich wie im Dorf meiner Großmutter, für Zusammenhalt. Man kann sich aufeinander verlassen und steht für einander ein. Folgt man dem Kodex jedoch nicht, wird geredet und man wird ausgegrenzt.

Gleichzeitig sieht man Autos, LKWs und Traktoren auf den Strassen. In den Städten sieht man Jugendliche mit Smartphones und junge Paare die für europäische Firmen und zu MEZ arbeiten. Oft legen diese weniger Wert auf die Traditionen und den Verhaltenskodex ihrer Gemeinde/Kaste. Sie reisen, nach Europa oder in andere indische Staaten. In den Städten sind die Menschen technologisch auf einem ähnlichen Stand wie wir. Trotzdem: Zunächst wirken viele Inder zwar westlich, sind aber meist dennoch indisch-konservativ, auch die Jungen.


Indien ist authentisch

Was mir an Indien gefällt ist, dass Indien Indien ist und bleibt. Viele Entwicklungsländer streben nach westlichem Vorbild und verlieren dabei viel ihrer eigenen Kultur. Indien hingegen schafft es die Moderne zu umarmen ohne seine Wurzeln zu verlieren.

Das sieht man schon auf dem ersten Blick, denn die Mode hier ist ganz anders als im Westen. 95% der Frauen tragen traditionelle Kleidung wie Saris und Salvar Kamis. Auch den berühmten roten Punkt zwischen den Augen, der böse Blicke abwehren soll, wird von den meisten Frauen und manchen Männern getragen. Die Männer tragen in den Städten zwar gerne Hemd und Stoffhose, auf dem Land sieht man aber auch noch Männerröcke. Turbane haben wir nur im Norden des Landes gesehen.

Frauen bei einer Hochzeit. 


Richtig geschmackvoll angezogen finden wir die Inder aber selten. Die Saris koennen zwar wirklich schick sein, wenn dazu aber Latschen mit Zehensocken getragen werden, hilft das auch nicht. Die Männer tragen meist dunkle Plastikschuhe in Lederoptik mit weissen Socken. Wenn es unter 15 Grad kalt ist tragen die Inder lustige Wollmützen oder Ohrenwärmer.

Geschäftiges Indien

Ein Lieblingsthema von uns Deutschen - und von Thorben als Unternehmensberater erst recht: Effizienz. Das Wort ist hier eher ein Fremdwort. Als Deutsche muss man sich an ein anderes Tempo in Indien gewöhnen. Dinge brauchen einfach länger hier. Zum Beispiel brauchten wir für eine 140km Strecke im Auto 5 Stunden. Für einen Job der in Deutschland von einer Person erledigt wird, braucht man hier drei Leute, mindestens. Auch an die starre Hierarchien muss man sich gewöhnen. In den Restaurants gibt es Kellner die mit den Gästen in Kontakt sind und welche die nur das Geschirr abräumen. Der Ton von oben nach unten ist rauh - etwas, was wir als sehr unangenehm empfinden. Auch muss man sich daran gewöhnen, dass Dinge hier erst nicht zu klappen scheinen aber letztlich doch irgendwie funktionieren. Man braucht also jede Menge Geduld hier, das erspart einen einige graue Haare.


Indien als Reiseland

Indien ist wirklich spannend. Wir können aber auch sagen, dass Indien nicht entspannend ist, wenn man nicht grade in Goa ist. Die Straßen sind schlecht, Bürgersteige meist nicht vorhanden oder in schlechtem Zustand. Hunde und Kühe sind fast überall und hinterlassen ihre Haufen. Selbst Menschen sieht man ab und an ihre Notdurft am Wegesrand verrichten, jedenfalls in den ärmeren Gegenden. Müll wird dort fallen gelassen wo er entsteht.

Obwohl wir eigentlich Städte gerne zu Fuß erkunden, haben wir uns das in Indien weitestgehend abgewöhnt. Man läuft nur über Müllberge, Hunde kläffen einen an und nach 20min auf der Strasse hat man so viele Abgase eingeatmet wie in Frankfurt in einer Woche. Ausserdem ist man voller Staub und muss sich die ganze Zeit konzentrieren um nicht unter die Räder zu kommen oder in einen Haufen zu treten. Man muss sich also darauf beschränken, sich mit dem Taxi von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit fahren zu lassen.
Popstar Barbara am See von Mt. Abu


So interessant wie wir die Inder fanden, so interessant fanden sie uns. Um es drastischer zu formulieren: wir wurden meistens angestarrt. Meistens fand ich das nicht weiter schlimm, vor allem bei Kindern und Frauen hat es mich nicht gestört. In Deutschland würden wir auch exotische Menschen mit Turban und Saris nachschauen, vielleicht etwas unauffälliger. Wenn jedoch eine Gruppe Männer zu mir rüber starrte bekam ich schon ein ungutes Gefühl und wechselte die Strassenseite. In Indien sind eigentlich 90% der Menschen auf der Strasse Männer. Ein komisches Gefühl als Frau.

Nachdem ich mich aber in unserem Viertel in Bangalore auskannte, viel die ständige Anspannung von mir ab. Den meisten Stress macht man sich selber im Kopf. Trotzdem, selbst die einheimischen Frauen vermeiden einsame Strassen und sind bei Dunkelheit nicht mehr draußen. An diese Regeln haben auch wir uns gehalten und hatten letztlich keine unangenehmen Begegnungen.


Einzig in einem privaten Überlandbus in Rajasthan, der hauptsächlich von Einheimischen genutzt wurde, hatte ich ein ungutes Gefühl. Dort quetschten sich 60 Leute in einen Bus der für 30 Leute gebaut wurde. Über den Sitzplätzen befanden sich Liegeplätze. Am Anfang waren fast nur Männer im Bus und viele starrten mich an. Als dann noch jemand anfing zu rauchen und ich mir vorstellte, dass ich bei einem Brand sicherlich Probleme hätte aus dem übervollen Bus zu kommen, war ich kurz davor auszusteigen. Nach einigen Stops stiegen dann aber viele Männer aus und Kinder und Frauen ein. Das fand ich wesentlich angenehmer. Insgesamt ist es als Frau in Indien auf der Strasse etwas beklemmend. Ohne Thorben bin ich fast nirgendwo hingegangen.

Für Individualreisende wie uns ist Indien also vor allem anstrengend. Es gibt zwar lohnende Sehenswürdigkeiten, aber im Vergleich zu Südost-Asien fehlt die Entspanntheit, die Hygiene ist so, dass man sich Straßenessen besser verkneift, und eigentlich ist fast alles was nicht mehr als hundert Jahre alt ist unglaublich hässlich (sogar der Burggraben vom berühmten Agra-Fort ist fast komplett mit Müll gefüllt).


Armut

Auch die Armut wollen wir ansprechen. Man sieht jede Menge davon, wenn auch nicht so viele Bettler wie gedacht. Viele Touristen verdirbt die überall präsente Armut die Freude an Indien. Es ist schon bedrückend, wenn man aus dem Taj Mahal herauskommt, einem Monument der Schönheit, und direkt davor nur schäbige Hütten, streunende Hunde, Müllberge und verwahrloste Menschen vorfindet. Und das sind noch nicht mal die Leute, denen es wirklich schlecht geht. Diese Leute haben im!erhin kleine Geschäfte und ein Dach über dem Kopf.

Die Menschen die wirklich arm sind leiden permanent Hunger und zittern im Winter vor Kälte. Eines morgens in Udaipur warteten wir durchgefroren auf einen Bus, nachdem wir die Nacht im Hotel mit FleecePulli und Kapuze unter einer Decke und neben einem Heizstrahler verbracht hatten. Da kam ein Mädchen barfuss, mit filzigen Haaren und nur mit Lumpen bekleidet und bat uns um Geld. Wir hatten uns vorgenommen Kindern kein Geld zu geben. Aber wie konnten wir diesem Kind nichts geben? Ich kaufte ihr einen Kuchen, das gesundeste was es an dem einzigen Kiosk gab. Sie strahlte vor Freude. Mir brach es das Herz. Es gibt hier so viel Armut, dass man sich ohnmächtig fühlt. Aber die Arbeit in Bangalore hat mir auch Hoffnung gegeben, dass sich die Dinge ändern werden und auch diese Kinder eine Chance bekommen können.


Gastfreundschaft

Und zu guter letzt das was Indien für uns lohnenswert macht: Indische Gastfreundschaft ist sagenhaft. Wir wurden in mehr Häuser eingeladen als wir in den zwei Monaten hätten besuchen können. Nicht nur alle Freunde und Familien von Rama luden uns ein. Auch unsere Mitreisenden im Übernachtzug von Jaisalmer nach Dellhi luden uns zu sich nach Hause ein - und die Einladung war sehr ernsthaft gemeint. Wir erfahren hier so viel ehrliche Gastfreundschaft, dass wir gerne zurück kommen wollen (aber nicht als Touristen). Inder gleichen ihr rauhes, unfreundliches Land damit aus, dass sie innerhalb der Familien und Freundeskreise sehr aufeinander achten. Wer also die Chance hat, mit "Kontakten" nach Indien zu gehen, der sollte das unbedingt tun. Man wird ein komplett anderes Land kennenlernen als man es als Tourist könnte.
Sylvester auf dem Dach in Bangalore




Change is on


  1. Wir sind uns sicher, dass das Land in ein paar Jahren wesentlich besser dastehen wird als jetzt. Immer mehr Menschen erhalten Bildung. Und vor allem sind Inder sehr proaktiv und geschäftstüchtig. An jeder Ecke gibt es etwas zu kaufen. Es findet sich immer jemand der etwas für einen erledigen kann, für einen kleinen Obulus. Und jeder hat irgendeine Geschäftsidee. Change is on, wie der Slogan von Parikrma besagt.


Barbara

Samstag, 25. Januar 2014

Götter, Glaube und die Zukunft

Glaube und Religion sind in Indien allgegenwärtig, das merkten wir jeden Tag. Jedes noch so kleines Geschäft hat Bilder von Heiligen oder Gelehrten an den Wänden. Und auch jedes Haus das wir gesehen haben hatte einen Gebetsraum. Diese Minitempel werden täglich geschmückt und Gebete werden gesprochen. Mittlerweile kennen wir schon einige der Namen und Erscheinungsformen von Brahma, Vishnu und Shiva, die drei Hauptgötter die für die Schöpfung, Erhaltung und Zerstörung zuständig sind. Wir haben sogar eine der vielen Geschichten um die Götter gelesen, die Ramayana. Bilder von dieser Geschichte finden sich nicht nur in Tempeln sondern auch in Restaurants.




Noch verbreiteter ist der Aberglaube. Transvestiten bestreiten zum Beispiel ihren Lebensunterhalt mit diesem Aberglauben. Sie stehen an Mautstellen und klopfen an Autofenster oder sie gehen uneingeladen zu Geburtsfeiern. Dort bekommen sie dann Geld von den Autofahren bzw Eltern, damit sie die Fahrt bzw Kinder segnen statt zu verfluchen. Aus dem gleichen Aberglaube meidet man Katzen auf der Straße und möchte Witwen nicht bei Hochzeiten haben. Widerfährt jemandem trotz aller Vorsorge etwas Schlimmes, so liegt es daran, dass derjenige in seinem letzten Leben etwas schlechtes gemacht hat. Man kann sich dann mit der Ungerechtigkeit versöhnen in dem man sich sagt, dass die Schuld nun abbezahlt ist und man in der Zukunft mehr Glück haben wird.

Die Astrologie ist fast so wichtig wie die Religion. So werden bei allen wichtigen Entscheidungen Astrologen aufgesucht: jedes Baby bekommt ein Lebenshoroskop, Eltern tauschen die Horoskope ihrer Kinder aus um zu erfahren ob sie heiraten sollen, auch um den Ausgang eines Gerichtsverfahren zu erfahren wenden man sich an den Astrologen oder Wahrsager. Nachdem ich soviel von der Weisheit dieser Zunft erfahren hatte, liess ich mir also auch in die Hände schauen. Auf der Burg von Jodhpur konsultierte ich den burgeigenen Handleser. Zunächst musste er Geburtsort, Datum und Zeit von mir wissen. Per Whatsapp konnte meine Mutter mir auch die letzte benötigte Information schicken, dann gings los.



Erst erzählte er mir jede Menge über meinen Charakter. Ich würde Dinge gerne auf meine Weise machen, würde selten um Rat fragen, ich bräuchte gedanklichen Freiraum auch auf der Arbeit, ich hätte viele Träume gehabt und sei nun realistischer geworden. Ich möchte in meiner Arbeit brillieren, ich würde gerne essen aber würde jetzt mehr auf gesundes Essen achten. Ich sei dominant, ich sei idealistisch und intensiv in meinen zwischenmenschlichen Beziehungen, ich sei ehrlich, ich würde viel für andere tuen und sei enttäuscht wenn sie das nicht erwidern würden. Ich würde Dinge sehr enthusiastisch beginnen und dann nicht zu Ende bringen. Ich würde Dinge nicht 100%ig sondern 80%ig erledigen. Ich würde Arbeit gerne hinauszögern und sei temparamentvoll. Ich würde gerne reisen und sei gerne in der Natur. Meine Gesundheit sei gut, ich hätte manchmal wenig Energie und mein Magen sei empfindlich gegenüber fettigem und stark gewürztem Essen.

In einigen Dingen konnte ich mich in der Tat wiederfinden, aber nicht in allen. Ich überlasse es mal dem geneigten Leser sich ein eigenes Urteil zu bilden. Thorben hat etwas über eifrig genickt als der Wahrsager mich als dominant bis bossy bezeichnete.

Das mein Charakter in den Sternen steht, kann ich als wisseschaftlicher Geist natürlich nicht glauben. Also suchte ich nach Erklärungen... . Ich denke, dass die Tatsache, dass wir nicht in einer Gruppe reisen und auch mein Alter schon viel über mich aussagen. Darüberhinaus hatte der Wahrsager natürlich eine sehr gute Menschenkenntnis und hat mich/uns in der kurzen Zeit bevor er angefangen hat in meiner Hand zu lesen beobachtet. Die meisten Infos brachten ihm wahrscheinlich meine Reaktionen. Obwohl ich absichtlich nicht zweifend geguckt habe, wenn er auf dem falschen Dampfer war, hat er ab und zu nachgefragt: is this the case? Wenn ich verneinte relarivierte er seine Aussage oder sagte, dass dies dann noch passieren würde. Nun ja, eine gewisse Sensibilitaet gegenueber gewürztem, fettigem Essen haben glaube ich alle Touristen in Indien. Letztlich steht vielleicht doch auch einiges in meinen Händen. Zum Beispiel habe ich keine gemachten Fingernägel, was auf eine Naturverbundenheit hindeuten koennte.

Über meine Zukunft hat er mir ehrlich gesagt nicht viel erzählt. Ich werde über 85 Jahre alt (Mama du kannst beruhigt sein), werde keinen Krebs bekommen aber hätte öfter Kopfschmerzen, könne zwei Kinder bekommen, würde Anfang 30 und Anfang 40 einen Umbruch im Job haben. Und meine Beziehung zu Thorben (die er erfragt hatte und nicht hellsah) sei gut. Alles nicht sehr spezifisch und breit interpretierbar. Aber wir haben uns gut amüsiert.

Nach dem Besuch beim Wahrsager hatte ich den Eindruck er hätte mich total gut beschrieben und einiges über meine Zukunft gesagt. Man neigt dazu sich nur die Sachen mit denen man sich identifiziert zu merken und Zukunftsdeutungen mit fehlender Präzision gedanklich aufzufüllen. Da wir aber ein Diktiergerät genutzt haben, bekommt ihr die fast wertungsfreie Version :)

Barbara

Freitag, 24. Januar 2014

Häppchen: Namaste Indien und Sawat-di kap, Bangkok

Jetzt sitzen wir in Delhi am Gate - wir haben Indien erlebt und überlebt. Ja, ein bisschen fühlt es sich so an.

In den letzten Tagen haben  wir uns schon auf den Abflug gefreut, es geht weiter. Jetzt wird aus einer Indien-Reise eine Weltreise. Fühlt sich noch komisch an - vor allem weil wir gestern in Delhi noch meinen Vater getroffen haben.

Bangkok oder Frankfurt?  Es geht natürlich weiter! :)

Barbara arbeitet noch an einem echten Fazit über Indien,  was ganz schön ambitioniert ist,  so viel wie wir hier gesehen und gelernt haben. Das wird dann wahrscheinlich morgen gepostet. Ich bin aber erst mal froh, mich heute abend in Bangkok wieder frei bewegen zu können,  ohne Hunde,  Müll,  Gedanken um die Sicherheit. 

Mittwoch, 15. Januar 2014

Häppchen: Rabimmel Rabammel Rabumm

Nachdem uns in den letzten Nächten der moslemische Gebetsruf aus dem Schlaf gerissen hat, weil unser Schlafzimmer direkt neben einer Moschee war, schlafen wir jetzt neben einem Jain-Tempel. Dort trommeln und läuten sie wild. Gottseidank: zu einer menschlicheren Zeit als die Muslime; 8:30 statt 6:00 :)

Barbara

Montag, 13. Januar 2014

Urlaub auf Indisch- Do as the Romans do

Heute sind wir von Udaipur nach Mount Abu (beides Rajasthan) gefahren. Wir haben unterwegs und in Mt. Abu einen Kurs in Tourismus auf indisch bekommen. Zum Glück hatten wir schon Vorwissen. Wie immer in Indien gilt:

  • Es ist nichts schön. Und wenn doch, dann ist es entweder mehrere hundert Jahre alt oder nur vom Weitem schön. 
  • Plan B ist wichtiger als Plan A und ett kütt wie ett kütt.

Morgens, 7:45h: die Deutschen stehen pünktlich am Bus, wie bestellt. Abfahrt soll 8 Uhr sein es ist arschkalt - eigentlich zwar immerhin ca 6Grad, aber da es hier weder Heizungen noch Isolierung gibt, sind wir von der Nacht schon durchgefroren. Um 8:15 kommt jemand und tauscht unsere rosa Tickets gegen gelbe Tickets aus. Die Sitznummer ändert sich dabei von 17,18 auf 11 und 12. Um 8:30 kommt der Bus. Als einzige müssen wir noch je 10 Rupien (12ct) Gepäckaufschlag zahlen und dürfen dann die Klapperkiste mit offenen Fenstern und Türen und der Aufschrift "A/C" für Klimaanlage, die nicht vorhanden ist,  betreten. Wir sitzen schließlich auf Platz 3 und 4.

Die Busfahrt war dann aber ganz ok. Entgegen Barbaras Erwartung schaffte es der Bus doch die Serpentinen hinauf ohne zusammenzubrechen. Der Vorteil der lahmen Kiste war, dass wir im Gegensatz zu den Taxen keine waghalsigen Überholmanöver machen konnten. Außer uns war der Bus mit indischen Touristen besetzt, die während der Frühstückspause auch direkt Erinnerungsphotos mit uns machen wollten. Mount Abu ist ein Ort, der eigentlich nur einheimischen Touristen ein Begriff ist. Aus dem nahen Gujarat kommen Massen hierher, weil der Ort auf einem Berg liegt und damit im Sommer kühler ist als das schwitzende Tiefland.

Wir freuten uns auf eine 2 Tage Trekkingtour in den Bergen trekken. Dazu hatten wir schon in Udaipur einen Guide organisiert, den wir nachmittags zur Vorbesprechung treffen sollten. Das Treffen sollte eine neue Lektion in Sachen "Flexibilität" werden. Der Guide versuchte uns erst die 2-Tagestour schlecht und die Tagestour einzureden. Dabei hatte er aber nicht mit Barbaras Standfestigkeit gerechnet. Als wir uns nicht gegen den ursprünglichen Plan entschieden, teilt er uns mit, dass er wegen eines Fests doch keine Lust auf eine Tour mit Übernachtung habe - und brauste auf dem Motorrad davon. Wohlgemerkt, der Kerl war der einzige Grund, warum wir vier Stunden hier hin gefahren waren. Ich weiß gar nicht warum, aber irgendwie haben wir es doch geschafft, das recht gelassen zu nehmen.

Wir sind dann erstmal einen Tempel angucken gegangen - irgendwas muss man ja machen. Und siehe da, grade wenn Indien nervt, hat es eine Überraschung parat. Der Tempel war atemberaubend. Vom außen noch recht unscheinbar, gab es innen tausende (!) kleiner und großer weißer Marmorstatuen und Schnitzereien. Die Säulen, Wände und Dächer waren komplett damit bedeckt. Reihen von Elefanten, Fabelwesen, Tänzerinnen oder tollen fraktalen geometrischen Mustern. Beeindruckend - leider waren wir am Tag vorher aber schon in Ranakhpur gewesen einem anderen, sehr ähnlichen und noch beeindruckenderer Tempel (von dort sind auch die Fotos, weil man in Mt.Abu im Tempel nicht fotografieren durfte). Trotzdem, wir waren wieder halbwegs versöhnt.



Danach gingen wir noch eine Runde an den See - und lqndeten mitten im Trubel. Für die indischen Touristen ist der kleine See mit den Tretbooten, mit den Essensständen und einer kleinen Kirmes wohl eine echte Attraktion. Es wuselte nur so vor Leuten. Wir haben uns das Treiben eine Weile angeschaut - und das Treiben uns. Mehrere Schulklassen haben Fotos mit uns gemacht, ein Mann hat uns Popcorn ausgegeben, und insgesamt empfanden wir die Leute hier als sehr freundlich und interessiert an uns. Ansonsten gab es nur noch die Klassiker Essen und Shoppen als mögliche Programmpunkte, so dass wir früh wieder im Hotel waren.


Das Hotel ist eins der besseren im Ort. Es ist ein altes Herrenhaus und liegt in einem sehr schönen Garten. Wir wollten also noch gemütlich im Salon sitzen, lesen und etwas trinken. Statt dessen die letzte Lektionder Tages: es ist wirklich nie etwas so schön wie auf den ersten Blick. Im alterwürdigen Salon war es jetzt kalt geworden und es war ein Tisch mit Plastikstühlen aufgebaut, an dem eine Gruppe schmatzender und rülpsender Männer (teilweise mit Jacke und Mütze) aßen. Dazu kommt, dass - typisch indische Logik - das W-Lan nur im Garten verfügbar ist. Da haben wir den Abend lieber beendet.

Jetzt liegen wir im Bett unter der Decke, versuchen wieder warm zu werden und uns zu freuen, dass wir wieder was über Indien gelernt haben. Sandra, danke noch für dein Motto: "Nicht ärgern, sondern wundern." Heute hat es geholfen und wir haben es auch fast komplett geschafft uns dran zu halten. Morgen geht's nach Jodhpur.

Freitag, 10. Januar 2014

Barbara-Aka und Thorben-Ana in der Schule

Wenn bisher viele Beiträge über indische Gesellschaft und nur wenige über das Reisen auf diesem Blog standen, dann liegt dass daran, dass Thorben und ich einen Monat an einer durch Spenden finanzierten Schule für unterprivilegierte Kinder in Bangalore (www.parikrmafoundation.org) gearbeitet haben. Diese Zeit war sehr wertvoll für uns und hat uns bereits am Anfang unserer Reise neue Perspektiven eröffnet.

Am meisten hat mich beeindruckt wie sehr sich die Kinder in Parikrma und bei uns zu Hause ähneln. Genau wie in Deutschland sind die Kleinen ganz wissbegierig, können sich aber nicht lange auf etwas konzentrieren, lachen viel und rennen in der Pause rum. Die älteren Schüler finden Hausaufgaben nicht so spannend sondern interessieren sich mehr für ihre Freunde und dafür, was die anderen von ihnen denken. Trotz allen Ähnlichkeiten, die Kinder hier haben ein hartes Leben weil sie aus den ärmsten Familien kommen. Die Eltern sind entweder arbeitlos oder sind Fahrer, Wächter oder Hausmädchen. Die Familien, oft bestehend aus mehr als 6 Personen, leben von weniger als 70 Euro im Monat und wohnen in kleinsten Hütten. Die Schule ist daher für die Kinder eine heile Welt, sie bekommen Essen, Sicherheit und einen geregelten Tagesablauf.

In der Schule haben wir uns von Anfang an wohl gefühlt. Die Kinder haben eine Herzlichkeit und Neugierde, die einen sofort vereinnahmt. Wir haben auch neue Namen bekommen: Die Kinder nennen mich Aka, große Schwester, und Thorben Ana, großer Bruder. Das ist hier zwar relativ üblich, ich finde aber, es ist auch ein guter Ausdruck für den liebevollen, oft familiären Umgang miteinander.

Bei einigen Kindern sind die Eltern nicht in der Lage, ihre Kinder zu versorgen - auf Grund von Armut, Alkoholismus oder anderen. Parikrma hat für diese Kinder eine Wohnung, wo sie schlafen und essen - die sogenannte Hostel. Die Hostel hat 3 Zimmer für 15 Kinder, abends werden Matten als Bett ausgerollt. Maggie, das Mädchen ganz rechts auf dem Foto unten, wohnt in der Hostel. Sie ist sieben Jahre alt sieht aber auf Grund von Mangelernährung aber wesentlich jünger aus. Nach der Schule gehen wir manchmal zur Hostel um mit den Kindern zu spielen oder mit ihnen Hausaufgaben zu machen. Maggie schien immer fröhlich bis ich sie besser kennenlernte. Dann erzählte sie mir, wie sehr sie ihre Mutter vermisse und ihr Lächeln machte einem traurigem Gesicht Platz. Die Kleine hatte schon früh gelernt, dass es fröhliche Kinder einfacher haben und hat ihre Trauer hinter einem Lächeln versteckt.


Die Schule schneidet in den indischen staatlichen Prüfungen regelmäßig besser ab als teure Privatschulen. Diese standardisierten Tests sind wichtig, damit die Leistungen der Schüler nicht durch Vorurteile gegenüber Slum-Kindern entwertet werden. Andererseits sind diese Tests und daher auch der Unterricht in Parikrma sehr auf auswendig lernen und reproduzieren ausgelegt. Sie wissen wie man einen Aufsatz schreibt, jedenfalls theoretisch. Praktisch haben sie es aber noch nie gemacht. Analytisches Denken wird hier nicht gefordert und nicht gefördert. Trotzdem, einigen trauen wir zu an einer deutschen Uni zu bestehen, weil sie Potential haben. Die meisten hätten es aber sehr schwer. Die Ausbildung könnte also mit besserer Organisation und eventuell besser ausgebildeten Lehrern noch effektiver sein. Nichtsdestotrotz, der strukturierte Tagesablauf und das Wissen was die Kinder hier lernen eröffnen ihnen so viel mehr Zukunftsperspektiven als sie ohne diese Schule hätten. Sie lernen für etwas zu arbeiten, zuverlässig zur Schule/Arbeit zu erscheinen und vor allem Selbstwertgefühl.

Die Oberstufenschüler haben das Fach "Life Skills". Thorben und ich durften in einer Stunde mitmachen. In dieser Stunde sollten sie sich aus einer Liste von Werten den für sie wichtigsten Wert heraussuchen. Von den 30 Schülerinnen und Schülern fanden 4 Geld am wichtigsten. Ich glaube in Deutschland hätte das niemand genommen. Hier aber wissen die Kinder, wie es ist kein Geld zu haben und stellen sich vor, dass Geld sämtliche Probleme löst - was in ihrem Fall vielleicht auch stimmt. Zehn antworteten Liebe oder Freundschaft, Werte die 16-Jährige in Deutschland wohl auch gewählt haetten. Freiheit wurde nur einmal gewählt. Dafür wurden verschiedene Werte, die ich unter Leistung zusammenfassen würde (challenge, achievement, working under pressure) mehr als 15 mal gewählt. Ich habe den Eindruck, dass auf den älteren Schülern großer Druck lastet, da ihre Familien jede Menge Hoffnung in sie setzen. Vor allem weil sie ja viel später als andere Kinder in den Slums anfangen zu arbeiten und Geld nach Hause zu bringen. Aber natürlich sind nicht alle Kinder gleich begabt und so haben die Kinder, die nicht recht mitkommen in der Schule grosse Angst den Erwartungen ihrer Familien und sich selber nicht gerecht zu werden.

An unserem ersten Schultag in Parikrma war - nicht überraschend in Indien - nichts für uns vorbereitet und keiner wusste so recht was wir tuen sollten. Da wir schon als Tutor in der Uni gearbeitet haben nutzten wir die "Flexibilität" und schlugen vor, die Oberstufe zu unterrichten. Zu unserem Schreck wurden wir dann alleine und ohne einen Lehrauftrag vor die Klasse gestellt. Zunächst erzählten wir von uns, von Deutschland und von unserer Arbeit. Die Schüler waren sehr interessiert und stellten schlaue Fragen. Besonders beeindruckend fanden sie das Konzept des Arbeitslosengeldes.

Als frisch gebackene Lehrer war unser Unterrichtsplan dann ein argumentatives Essay über ein sozialkritisches Thema schreiben und eine PowerPoint Präsentation halten. Das ganze sollten sie sich in Gruppenarbeit und mithilfe des Internets alleine beibringen. Wir wollten nur ein paar Hilfestellungen geben. Bald merkten wir, dass unsere jeweiligen Lernziele  zu ambitioniert waren. Entweder die Schüler kamen nicht zur Ruhe, die Lehrmaterialien fehlten oder die Schüler kamen einfach nicht mit.

Nach der ersten Neugierde hatten die Jugendlichen dann auch gar keine Lust mit uns zu arbeiten. Sie fanden es sehr komisch, dass wir ihnen nicht genau sagten was sie machen sollten sondern dass sie sich alles selber beibringen sollen. Thorben und ich waren nach dem Unterricht immer total fertig, weil wir nur ermahnen umd motivieren mussten und das Gefühl hatten, dass die Schueler gar nichts lernen.  Ich kann nur sagen: Lehrer sein ist anstrengend!! Wir überlegten deshalb, ob wir nicht doch besser Frontalunterricht machen sollten oder das Unterrichten ganz aufgeben sollten, weil unser Beitrag in der Administration oder bei der Spendenaquise vielleicht doch größer wäre. Die Kinder und wir hielten aber durch.

Insbesondere die Jugendlichen in der Ausbildungsklasse, die von ihren Mitschülern, die zur Uni gehen können, getrennt wurden, weil sie die Klausuren nicht bestanden haben, sind uns ans Herz gewachsen. Uns scheint, dass die Lehrer sie aufgegeben haben. Sie bekommen nur sporadisch Unterricht, bleiben aber in der Schule bis sie 18 Jahre alt sind und einen Job von der Schule vermittelt bekommen.  Jedenfalls trauen sich die Jugendlichen nicht viel zu und versuchen daher teilweise gar nicht erst, irgendetwas Neues zu lernen.

An unseren letzten Tag an der Schule war dann das große Finale, die Schüler hielten ihre Präsentationen. Sogar die Direktorin war da. Sie waren total aufgeregt aber alle machten ihre Sache gut, viele sogar sehr gut. Schwer zu sagen, wer stolzer war: die Schüler selber oder wir. Am Ende haben sich ganz viele herzlich bei uns bedankt. Ich glaube sie haben in der relativ kurzen Zeit wirklich etwas gelernt. Nicht nur zu präsentieren, sondern vor allem sich selbst und ihre Aufgabe ernst zu nehmen und sich etwas zu zu trauen. Wirklich ein tolles Gefühl.

Auch der Abschied von den Kindern im Hostel fiel uns schwer. Maggie war sehr traurig, dass wir nicht mehr wieder kommen und sie wollte uns überreden noch bis zu ihrem Geburtstag Ende Januar zu bleiben. Wir verbrachten den letzten Abend mit Hausaufgaben und damit Walzer und Jive zu lehren und Bollywood dance zu lernen.

Jetzt freuen wir uns auf die große weite Welt und darüber unseren Horizont schon ein großes Stück erweitert zu haben.

Samstag, 4. Januar 2014

Häppchen: Guten Appetit

Typisch deutsches Essen UND vegetarisch: challenge accepted. Heute haben wir unsere Gastfamilie bekocht. Es gab Kartoffel-Lauch-Suppe und danach Zwiebelkuchen. Dazu ein Crash-Kurs im Essen mit Messer und Gabel. Denn die holen die Bhats nur alle drei Jahre aus der Originalverpackung. Ein großer Spass für alle;  auch dank des Weins :)
Barbara

Freitag, 3. Januar 2014

Häppchen: Eiskaltes Händchen

Wir haben jetzt schon vieles auf der Straße gesehen: streunende Hunde, schlafende Kühe, LKWs ohne Karosserie, Getreide, das beim drüberfahren gedroschen wird. Auch auf dem bruchstückhaft vorhandenen, Gehweg tummelt sich so einiges: neben Exkrementen von Mensch und Tier sowie jede Menge Müll haben wir auch schon eine tote Ratte gesehen. Diesmal war es schlimmer: ein schwarzer Handschuh... der ausgestopft war und aus dem noch Füllmaterialien heraushing...stellte sich - auch wenn der Kopf nach anderen Erklärungen suchte - als abgetrennte Hand heraus. Mitten am Tag auf einer belebten Straße. Beim bloßen Gedanken schaudert es mich und ich hoffe das Bild wieder aus meinem Kopf zu bekommen.

Donnerstag, 2. Januar 2014

Weil ich ein Mädchen bin

Ein Thema verfolgt uns hier immer wieder. In Diskussionen mit unseren Freunden, und den Schülern, in Filmen und in jedem Winkel des Alltags:




In Indien ist es nicht leicht ein Mädchen zu sein.

Das kommt vor allem daher, dass Mädchen verheiratet werden und dann bei ihrer Schwiegerfamilie wohnen und nichts mehr zum Haushalt der eigenen Familie beitragen. Zudem muss man für eine Tochter, nachdem man sie großgezogen, hat auch noch ihre Hochzeit und, je nach Brauch, eine Mitgift bezahlen. Ist die Tochter dann verheiratet, dürfen ihre Eltern keine finanzielle Unterstützung von ihr annehmen. Im Norden Indiens dürfen die Eltern ihre Tochter noch nicht einmal besuchen. Ein Sohn hingegen bleibt zu Hause wohnen und kümmert sich um die Eltern, wenn sie alt sind.

Aus dieser Tradition entsteht der Wunsch einen Sohn zu haben und eine Tochter abzutreiben, insbesondere bei armen Familien die keinerlei finanzielle Vorsorge treffen können. Um Abtreibung und Vernachlässigung von Mädchen zu begegnen, bekommen Eltern hier im Bundesstaat Karnataka die hohe Summe von 1200€ zur 18. Geburtstag einer Tochter sowie ein Fahrrad, wenn das Mädchen bis zur 8. Klasse in der Schule bleibt.

Das Ansehen einer Frau in der Gesellschaft steigt, wenn sie verheiratet ist. Wieso das der Fall ist, habe ich noch nicht verstanden. Sie trägt ein goldene Kette mit schwarzen Steinen als Zeichen ihres Status. Wenn eine Frau Witwe wird sinkt ihr Ansehen jedoch rapide. Nach der Tradition, darf sie keine farbige Kleider mehr tragen und nicht mehr heiraten. Auf Hochzeiten ist sie nicht erwünscht, da eine Witwe als schlechtes Omen gilt. Insgesamt sollte sie sich zurückziehen um keine Unruhe unter den Männern zu stiften. Sprich, um zu verhindern, dass Männer die Witwe attraktiv finden und bedrängen, soll sie sich zurückziehen. Im Norden Indiens war es sogar Tradition, dass sich die Frau in das Feuer in dem der Leichnam des Manns verbrannt wird wirft um bei lebendigem Leib zu verbrennen.



Bei einer Scheidung sieht es nicht viel besser aus für die Frau. Soziale Ausgrenzung ist zu befürchten. Eine Freundin von Rama lebt getrennt von ihrem Mann. Das wird uns aber nur hinter vorgehaltener Hand erzählt. Die Freundin ist glücklich eine Rebellin zu sein und erklärt lachend, dass sie eine gefallene Frau sei. Anfangs hatte sie sogar Schwierigkeiten eine Wohnung zu mieten weil sie alleine lebt.

In den letzten Jahren gibt es jede Menge Gesetzesinitiativen, die Frauen unterstützten sollen. Damit versucht man jedoch nur die Symptome zu bekämpfen: mehr Schulbildung für Mädchen, finanzielle Absicherung der Frau im Falle einer Scheidung, Vereinfachung des Scheidungsprozess für die Frau. An dem grundsätzlichen Problem, dass Frauen oft geringer wertgeschätzt werden als Männer aendert das aber nichts. Ich kann mir vorstellen, dass eine gesetzliche Rente eine hohe Wirkung zeigen könnte, da diese die Bedeutung des Sohns im Alter reduziert. Insgesamt ist es sehr  kompliziert Frauen in Indien zu emanzipieren da es hier nicht nur um die Beziehung von Mann und Frau handelt sondern um ein ganzes Familien-, Generationen-, und Traditionsgeflecht handelt.

Andererseits - Auch ein Junge zu sein ist in Indien nicht einfach. Zwar gibt es einige Privilegien für Männer, letztlich sind sie aber für das Wohl ihrer Eltern,ihrer Schwestern, ihrer Frau und Kinder verantwortlich. Das ist eine Menge Verantwortung, Druck und Erwartung die auf ihnen lastet.