Dienstag, 25. Februar 2014

Myanmar - unser Fazit

Es ist nicht leicht, ein Fazit über Myanmar zu schreiben. Das liegt nicht nur daran, dass ich jetzt in Thailand am Strand Sitze und Myanmar schon so weit weg scheint. Es liegt auch nicht nur daran, dass ich das Fazit alleine schreibe, weil Barbara eine Woche meditiert und nicht erreichbar ist. Es liegt vor allem daran, dass so viele Dinge in dem Land mehrere Seiten haben, die sich gegenseitig widersprechen.



Fangen wir mit der Plattitüde an: die Menschen sind so freundlich. Oft genug haben wir das betont, aber es macht den größten Unterschied für Touristen aus. Auf der anderen Seite flammen immer wieder Bürgerkriege auf, auch jetzt noch. Das geht bei den Straßenverbindungen weiter. Die meisten Straßen sind schmal, schlecht und es dauert ewig von A nach B zu kommen. Die Straße zwischen Yangon und Mandalay ist dafür so breit und grade wie die A5 zwischen Frankfurt und Darmstadt. Hat aber so viel Verkehr dass man nur etwa alle 10 Minuten ein Auto sieht. In manchen Orten gibt es nur ein Hotel, dass Ausländer beherbergen darf (und wahrscheinlich dem Bürgermeister gehört), in anderen Orten fahren jeden Tag hunderte Tourbusse rum.



Was man überall merkt ist, dass das Land in einem riesigen Umbruch ist. Zum einen ist das der Umbruch von Diktatur zu Demokratie. Dieser geschieht von oben, das Militär managt eine Machtübergabe an ein wirklich demokratisch gewähltes Parlament. Lange konnten es viele Leute nicht glauben, aber es setzt sich die Erkenntnis durch, dass es keinen Weg zurück in die Diktatur geben wird. Friedensnobelpreisträgerin Aung Sun Soo Kyi ist jetzt im Parlament, das Internet wird nicht gefiltert, es gibt freie und internationale Presse. Und nicht zu vergessen: politische Aktivisten machen Touren durch die Hauptstadt, in der sie von Gräueltaten der Regierung erzählen. Dieser Gedanke hat uns die ganze Zeit begleitet und ich finde es weiterhin beeindruckend. Nicht viele Absolutherrscher haben je die Macht freiwillig abgegeben.

Der andere Umbruch ist ein Wirtschaftlicher. Seit die Sanktionen des Westens aufgehoben sind, gibt es Geldautomaten, Investoren und einen Bauboom. Leider ist dieser Umbruch nicht ganz so uneingeschränkt positiv. Viel Entwicklung läuft nur über Kontakte, Korruption grassiert, und die große Mehrheit hat (noch) wenig davon. Bisher gab es wenig ökonomische Ungleichheit - Ausdruck einer Gesellschaft, die insgesamt wenig hierarchisch ist., ganz anders zum Beispiel als Indien. Daher wirkt die Armut, die durchaus sichtbar ist, fast nie elend. Viele leben von Landwirtschaft und auf Dörfern. Das ist zwar arm, und Ereignisse wie zum Beispiel der Zyklon von 2008 können viel Schaden anrichten, aber durch funktionierende Dorfstrukturen scheinen viele nicht unglücklich.

Das war jetzt viel Politik, aber in Myanmar ist die halt allgegenwärtig. Ob man die Büros der erst seit kurzem erlaubten National League for Democracy sieht, die Flagge der Shan statt der Nationalflagge weht, man beim Wandern an einer unfertigen Pipeline nach China vorbei kommt, oder wenn die Einheimischen ganz begeistert sind, das letzte Woche der deutsche Bundespräsident im Land war. Irgendwie hat man das Gefühl, ein wenig dabei zu sein, wenn Geschichte geschrieben wird (nachdem ich schon an den Mauerfall nicht mehr erinnern kann...) An der Stelle muss ich übrigens mal einen Buchtipp loswerden: Das Buch "Where China meets India" von Thant Myint-U haben wir beide verschlungen, und es hat uns so dabei geholfen, dieses komplizierte Land zu verstehen. (Papa, das ist was für dich!)

Aber zurück zu uns. Wir haben in Myanmar vor allem die Gebiete genossen, die noch nicht so bekannt sind. Höhepunkte waren der Abend am Golden Rock, Übernachtungen imn Dörfern wahrend des Treks im Nord-Osten und die beste Tagestour aller Zeiten in Hpa-An. Da es von diesen Gebieten in Myanmar noch so viele gibt - fast 1000km Küste direkt neben Krabi und Phuket sind noch unerschlossen, dazu jede Menge Berge zum Wandern - sind wir zuversichtlich, dass wir eines Tages zurück kommen werden.




Aber erstmal genieße ich die Woche Reisepause mit Tauchen, Beachvolleyball und Ausruhen am Strand von Koh TAO. Und dann geht es über Hong Kong weiter nach Kunming, wir wollen uns daran versuchen, ein wenig chinesisch zu lernen...















Dienstag, 18. Februar 2014

Ausflug in die Welt der Tourbusse

Wir hatten uns ja gleich am Anfang in Myanmar verliebt. Die Offenheit und Freundlichkeit der Leute hat fast an jedem Tag für besondere Erlebnisse gesorgt und dafür, dass wir das Gefühl hatten, wirklich Land und Leute kennen zu lernen.

Trotzdem: Myanmar ist ein Entwicklungsland. Das heißt Restaurants mit Plumsklos, Plastikhockern und fragwürdiger Hygiene, Busse die mehr schaukeln als fahren und Internet nur mit viel Glück. Nach einer Weile wird das anstrengend und deswegen haben wir uns darauf gefreut, dass die nächsten beiden Stationen - Inle-See und Bagan - mittlerweile zu den großen bekannten internationalen Touristenzielen gehören. Ein paar Tage in der Zivilisation klangen vielversprechend.

Leider war der Unterschied in Sachen Zivilisation gar nicht so groß. Das Essen ist in den Tourbus-fähigen Restaurants nicht unbedingt hygienischer und ganz sicher nicht besser. Die Kellner könnee zwar besser englisch tragen dafür die Nase aber auch höher. Und vor allem haben wir aber die volle Ladung der Touristenärgernisse abbekommen.

In Inle ist DER Programmpunkt eine Bootsfahrt über den See mit Stopps bei den verschiedenen "Attraktionen", die sogenannten WorkSHOPs. Bei uns waren die Stopps: Silber-Shop, Weberei-Shop, Eisenschmied-Shop, Zigarren-Shop, Holzwaren-Shop. Einzig ein Halt an einem Markt (Hälfte echt, Hälfte Souvenir-Shops) und die Vorbeifahrt an den schwimmenden Gärten waren interessant. Stopps bei den Longneck-Frauen (Menschen-Zoo...) und im Papierschirm-Shop konnten wir abwenden.

Am Ende der tollen Boots-Tour waren wir so bedient, dass wir selber die Scheuklappen aufgesetzt hatten. Als ein paar Kinder aufgeregt zu unserem Boot gerudert kamen und uns Blumen reichen wollten, haben wir sie nicht genommen - die wollten ja bestimmt Geld dafür. Kurz daraus fuhren wir an anderen Kindern vorbei, die genauso aufgeregt winkten und uns Blumen im Vorbeifahren in das Boot warfen. Wir hatten also eine ehrliche gastfreundliche Geste mit einer unfreundlichen Abwehrhaltung quittiert. Das tat uns sehr leid und wir ärgerten uns darüber, dass uns die Bootsfahrt so abgestumpft hatte.

In Bagan waren alle größeren Tempel von Souvenirshops umringt, durch die man sich erstmal durchkämpfen musste. Vor allem aber war die Tatsache schade, dass jeder Einheimische in uns einen wandelnden Geldbeutel sah und wir in ihnen nervige Nepper.

Trotz allem gab es auch in Inle und Bagan Momente, in denen man Myanmar einfach mögen muss. In Inle haben wir an einem Abend bei einem Kloster nach dem Weg gefragt, und einer der Mönche hat sich direkt eine Viertelstunde mit uns unterhalten. Am nächsten Abend liefen wir zufällig in das Finale des Dorf-Fußballturniers mit mehreren Hundert Zuschauern. Als wir danach daneben noch kurz bei einem Fuß-Volley-Spiel (Ist hier Volkssport) stehen blieben, haben wir direkt wieder Leute kennen gelernt, die zwar wenig englisch sprachen, uns aber zum Zuschauen erstmal Stühle besorgten und Kuchen anboten.
Sie freuten sich einfach über unser Interesse. In Bagan waren die einfach tollen Sonnenauf- und -Untergänge mit Blick über die tausenden Pagoden beeindruckend und mystisch.

Inle und Bagan bestehen also eigentlich aus zwei parallelen Welten. Das eigentliche Myanmar, das zwar manchmal anstrengend aber immer liebenswert ist, und die Welt der Reisebusse, Tourishops und Resorts. In der einen Welt sind Ausländer und Einheimische aneinander interessiert, die Kommunikation ist schwierig, aber mit Händen und Füßen immer ehrlich und lustig. In der anderen Welt sind die Touristen misstrauisch und die Einheimischen kreativ im Geld machen. Vorwerfen kann man das wohl niemandem, aber uns gefällt die erste Welt besser.

PS: Fotos aus Bagan haben wir noch nicht sortiert und hochgeladen. Aber vielleicht passt das bei diesem Post auch eh besser...

Sonntag, 16. Februar 2014

Das unverfälschte Asien und die Republik der Union von Myanmar

Ich weiß, wir haben es bereits mehrfach gesagt. Aber nochmal...Die Menschen in Myanmar sind freundlich.

Nach dem goldenen Felsen reisten wir weiter Richtung Südosten nach Mawlamyine und Hpa-An. Hier ließen die Leute ihre Arbeit liegen um uns zu grüßen, sie winkten aus Autos, und von Fahrrädern, sie kamen sogar aus den Häusern gelaufen um uns ein "Mingalaba!" (Hallo) entgegen zu schmettern. Überwältigt von so viel Gastfreundschaft grüßten und lächelten wir mit den Menschen um die Wette.

Auch unter uns Touristen war die Stimmung ausgesprochen gut. Wir grüßten uns und kannten sogar fast alle Touristen in Mawlamyine und Hpa-An mit Namen, so wenige waren es. Selbst die wenigen Touristenattraktionen in den Orten, die Pagoden, die Bootsfahrt und eine wunderschöne Tagestour zu Höhlen und Quellen waren alles andere als überlaufen.






Wer das ursprüngliche Asien sucht wird im Südosten von Myanmar fündig. Reisfelder, Karstberge, Flüsse, Höhlen und vor allem traditionelle Menschen, die in Touristen noch keine wandelnde Geldbeutel sehen, machen diesen Fleck Erde so erlebenswert. Wir jedenfalls sind verzückt.







Trotz unserer Begeisterung für den Süden, wollten wir uns auch den Norden nicht entgehen lassen. Und so saßen wir 13h in einem Nachtbus, warteten dann nochmal 5h an einem Busbahnhof und fuhren weitere 5h mit einem Bus bis nach Hsipaw, einem Shan-Ort in den Bergen im Norden von Myanmar. Nach einer guten Mütze Schlaf waren wir dann auch wieder fit, um unsere Gastgeber mit einem gutgelaunten "Mingalaba" zu beglücken. Irgendwie hatten wir aber das Gefühl, dass das bei den Leuten im Dorf nicht so gut ankam. Kaum jemand grüßte zurück. Und so hatten wir die Hsipawaner im Verdacht etwas unfreundlicher zu sein.

Etwas irritiert fanden wir den Weg zum "Shan-Palast", einer in den 20er Jahren im englischen Stil erbauten Villa. Dort begrüßte uns die Frau des Neffens des letzten Shan-Prinzens. Sie erzählte uns von ihrer Familiengeschichte und davon, dass der Onkel ihres Manns mit großer Wahrscheinlichkeit von der Militärjunta getötet wurde als er zusammen mit anderen Anführern der Shan - alle Abgeordnete im Parlament in den 60ern -  auf dem Weg zum Parlament entführt wurde. Zu diesem Zeitpunkt wollten die Shan-Stämme mehr Freiheit für ihre Minderheit im Parlament durchsetzen, wie es ihnen versprochen worden war, um sie zum Beitritt zu Burma zu bewegen. Die Shan-Gebiete waren nämlich weder unter den Briten noch jemals zuvor Teil eines burmesischen Reiches gewesen. Nachdem der Prinz verschwunden war, floh seine österreichische Frau mit ihren Kindern in die USA, wo sie heute noch leben.


Wir waren wiedermal sehr beeindruckt wie offen unsere Gastgeberin Kritik an der Militärjunta übte. Über die heutige Regierung äußerte sie sich jedoch wohlwollend, ob aus Überzeugung oder Kalkül ist schwer zu sagen. Ihr Mann, von dem im 2011er-Lonely Planet noch steht, dass man ihn nicht in seiner Villa aufsuchen solle da er auf Grund seiner Villarundgänge für Ausländer eingesperrt wurde, war jedenfalls nicht zu Hause sondern in einem anderen Dorf. Was sie aber sehr deutlich forderte, war ein Föderalstaat wie ihn Deutschland habe und in dem die einzelnen Staaten mehr Eigenverwaltung haben.

Trotz dieses sehr interessanten Einführung in die Shan-Politik, machte es bei uns noch immer nicht Klick. Erst als wir am nächsten Tag zu einer dreitätigen Trekkingtour in die Berge aufbrachen und uns mit Soman, unserem Wanderführer, unterhielten wurde uns einiges klar. Soman kommt aus einem Gebiet noch etwas weiter nördlich von Hsipaw. Dort bekämpfen sich noch immer burmesische und Shan-Armeen mit Schusswaffen, Landminen und Sprengfallen. Soman war eigentlich Wanderführer in seiner Heimat, wo er aber im Moment auf Grund der Gefechte weder leben noch arbeiten kann. Er ist also alles andere als gut auf seine Regierung zu sprechen und erklärte uns, dass nicht der Präsident sondern das Militär - die burmesische und die Shan-Armee - das Land regierten.

Soman brachte uns bei wie man Hallo sagt auf Shan und Palau, einer weiteren ethnischen Minderheit in den Bergen. In den Dörfern die wir besuchten, wurden unsere Versuche die Dorfbewohner auf ihrer Sprache zu begrüßen dann endlich auch jedesmal mit viel Heiterkeit quittiert. Die Unfreundlichkeit die wir den Shan anfänglich unterstellt hatten, erwies sich also als Reaktion auf unserere Unwissenheit und unseren vermeidlichen Affront einer burmesische Begrüßung.

Auf unserer Wanderung kamen wir an etlichen kleinen Bergdörfern vorbei. Hier schien wirklich die Zeit stehen geblieben zu sein. Die Menschen leben von Anbau von Tee, Reis und Mais. Für letzteren wird immer mehr Urwald brandgerodet was die Gefahr der Erosion birgt. Wir sahen Kinder Brennholz schleppen, alte Frauen Tee nach Qualität sortieren, Männer und Frauen Tee pflücken und in kleinen Gärten für die Selbstversorgung ackern. Auf den meisten Wegen konnten keine Autos fahren, das Transportmittel der Wahl ist das Motorrad. Mit Motorrädern kann man übeigens alles transportieren: Bis zu 5 Leute, einen fahrbaren Mini-Supermarktt, 5m lange Hozbalken, und sogar ein anderes Motorrad. Wo der Weg auch das nicht zuließ schleppten die Menschen die Güter mit Jochen oder falls möglich mit Mulis.





Leider war die Sprachbarriere zwischen uns und den Dorfbewohnern fast unüberwindbar, denn Soman übersetzte nur selten für uns. Bei unseren beiden Übernachtungen in Palau-Dörfern und unseren Mittagessen bei Shanfamilien bekamen wir aber dennoch viel mit. Im ersten, etwas wohlhabenderen Dorf, schaute die Großfamilie abends zusammen fern. Eine Thai-Produktion die durch EINE weibliche und EINE männliche Stimme ins Shan "synchronisiert" wurde. Von 2 bis 72 Jahren lagen alle sechs Familienmitglieder zusammen mit einigen Decken auf Bastmatten auf dem Boden und sahen fern. Die Oma sortierte dabei ihren Kautabak und der Vater zündete sich eine Wasserpfeiffe (mit Tabak?) an. Aus Sympathie schauten wir mit und lachten mehr mit der Familie als über den Film. Die Oma drückte mich am nächsten Tag nochmal herzlich und wollte ein Foto mit mir machen.





Die zweite Übernachtung war in einem etwas abgeschiedeneren Dorf. Dort gab es kein fließendes Wasser und die Kinder und die Hütten sahen etwas schmuddeliger aus als in den anderen Dörfern. Das Haus in dem wir übernachteten hatte nicht nur jede Menge Mulis sondern war auch den einzigen Fernseher im Dorf. Nach dem Abendessen kamen immer mehr Kinder und Erwachsene herein und versammelten sich um den Fernseher. Es wurde geschaut was der Hausherr auswählte: Rush Hour, ohne Übersetzung. Um Punkt acht verließen alle ohne großen Aufhebens das Haus. Eine andere Welt.



Nachdem wir von dem Wunsch der Shan nach mehr Unabhängigkeit gehört hatten, fiel uns auch wieder ein etwas merkwürdiges Schild in Hpa-An, im Südosten Myanmars ein. Auf einem 5x10m großen roten Schild stand mit weißer Schrift auf burmesisch und auf Englisch: Der wahre Patriotismus ist der Nationale Patriotismus  nicht der des Bundeslands. Zwei weitere Sätze mit ähnlichem Inhalt folgten. Das fanden wir damals schon ziemlich seltsam und erschien uns eine Mahnung vor separatischen Bewegungen zu sein. Soman erklärte uns, dass es auch in den Mon-Staaten Aufstände gegeben hatte, diese aber nun nicht mehr kämpfen würden.

Wir sind gespannt wie sich diese Spannungen in einer jungen und instabilen "Demokratie" auswirken werden.

Barbara