Donnerstag, 10. Juli 2014

Zu Fuß durch die Wüste

Wir waren um 3:30 Uhr morgens losgegangen. Unsere Wüsten Durchquerung sollte drei Tage dauern, wir sollten zwei Nächte in Oasen verbringen und, laut lokalem Guide, 80km laufen. Nach der Entfernung hatten wir erst gefragt nachdem wir bereits losgelaufen waren. Ursprünglich wussten wir nur, dass wir am ersten und dritten Tag acht Stunden, am zweiten Tag vier Stunden laufen sollten. Mir war schleierhaft wie man im Sand, über Dünen bei extremer Sonneneinstrahlung 80km in 18 Stunden laufen sollte.







Die Wanderung war wunderschön. Nachts sahen wir nichts außer unglaublich vielen Sternen die vom sich über uns wölbenden Himmel glitzerten. Richtig viel Zeit um den Anblick zu genießen hatten wir aber nicht, da wir versuchten in der Kühle des Morgens schon einen guten Teil der Strecke zu schaffen. Da wir nicht viel sehen konnten, nahmen wir die Unterschiede in der Beschaffenheit des Sandes umso mehr wahr. Wenn Eskimos wirklich 20 Wörter für Schnee haben, haben die Leute in dieser Gegend bestimmt genauso viele Worte für Sand. Dann fing es langsam an zu dämmern, und die ersten Konturen der Dünen wurden sichtbar. Anfangs waren es nur Schatten und man ahnte sie mehr als dass man die vor, neben und hinter sich aufragenden 50m hohen Sandberge sah.







Als es hell wurde konnten wir sehen, dass die weißen, sanft geschwungenen Dünen in schier unendlicher Weite vor uns lagen und immer wieder kontrastreich von blauen Flüssen und türquisen Seen durchzogen wurden. Die Seen formen sich in der Regenzeit aus dem lokalen Niederschlag. Und die Dünen sehen von oben aus wie geraffte weiße Satinlaken.  Der Name des 1550 km2 großen Parks, Lencois Marahenenses, bedeutet dann auch "die Bettlaken von Maranhão". Was für eine paradoxe Landschaft. Dazu passte, dass Thorben mitten in der Wüste, fast beim höchsten Sonnenstand und wolkenlosem Himmel sagte: mir ist kalt! Nein, Thorben hatte kein Fieber. Er war grade aus einer türkisfarbenen Laguna gekommen und wartete bei ordentlichem Wind auf das Handtuch um sich abzutrocknen.






Das Grün der Oasen, die wir jeweils mittags erreichten,  war ein weiteres Kontrastprogramm zum Weiss und Blau. In der ersten Oase wohnten, weit verstreut, sechs Familien. Sie waren größtenteils Selbstversorger, bauten Gemüse und Kräuter selber an und ließen die etwas mager aussehenden (und zäh schmeckenden) Hühner, Ziegen und Schweine rumlaufen. Was sie nicht selber produzieren muss mit einem Quad hergebracht werden. So abgeschieden der Ort auch war, er hatte doch eine Satellitenschüssel. Und so konnten wir dank Generator das spannende Elfmeterschießen zwischen Brasilien und Chile in einer Oase verfolgen. Als wir dann im Fernsehen die Party in Rio und andernorts sahen, waren wir doch etwas wehmütig, aber der spektakuläre Sonnenuntergang und der Sternenhimmel versöhnten uns schnell. Die zweite Oase war der ersten sehr ähnlich; selbst der Opi sah dem Opi aus der ersten Oase ziemlich ähnlich. Und so fragten wir uns, wie es wohl um den Genpool in einem so abgeschiedenen Ort steht - kurz darauf sahen wir, dass die dreijährige Enkelin sechs Finger hatte... Auch über die Schulbildung machten wir uns Gedanken nachdem unsere Gastgeber wirklich nicht im Stande waren die drei Zahlen unserer Rechnung zu addieren, noch nicht mal mit Zettel und Papier und Vorsagen. Aber eigentlich ist das in der Wüste auch nicht wirklich wichtig.







Auch wenn ich am dritten Tag froh war angekommen zu sein, war die Wanderung nicht ganz so anstrengend wie ich befürchtet hatte. Das lag daran, dass der Rückenwind uns nicht nur kühlte und vorwärts schob sondern auch den losen Sand von der Seite der Düne herabfegte auf der wir hochwanderten. So liefen wir den Großteil unserer Strecke auf fast asphalt-hartem Sand. Runter liefen wir die Dünen mit großen Sprüngen und versanken dabei bis zu den Knien im Sand. Für weitere Abkühlung sorgten die Lagunen in denen wir während unserer Pausen schwammen und die Flüsse die wir durchquerten. Teilweise wateten wir durch, für mich, brusthohes Wasser. Glücklicherweise bekamen unsere vom Beachvollyball abgehärteten Füße auch keine Blasen vom barfuß Laufen im Sand. Zu guter letzt bin ich mir auch ziemlich sicher, dass wir keine 80km sondern eher 60km gelaufen sind. Unser Guide war, wie alle Wüsteneinwohner, ja schließlich nicht so fit in Mathe. Dafür lebt er in einer der schönsten Landschaften die ich kenne.



1 Kommentar:

  1. Wow guys - what amazing photos and such a cool experience. I'm feeling very envious from my office in a Wellington winter. Glad to see you're well :-)

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