Dienstag, 8. Juli 2014

Couchsurfing: unser erstes Mal

Reisende möchten meistens die Menschen des Landes kennenlernen - das ist ja eben der Unterschied zwischen Reisen und Urlaub machen - und oft haben diese auch Lust Reisende aus anderen Ländern kennen zu lernen. Genau darum geht es bei Couchsurfing. Man kann auf einer Platform im Internet eine Schlafgelegenheit in der eigenen Wohnung anbieten oder bei anderen anfragen. Man legt ein Profil an, in dem man sich beschreibt, eventuell eingrenzt wen man aufnehmen möchte und warum man bei Couchsurfing mitmacht. Außerdem können sich die Couchsurfer gegenseitig bewerten. Das verringert die Wahrscheinlichkeit an schwarze Schafe zu geraten.

Um das Konzept kennen zu lernen hatten wir in Frankfurt schon ein paar mal unsere Couch angeboten. Die Erfahrungen dabei waren gemischt. Frankfurt ist halt eine Stadt, in der die meisten Leute nur durchreisen, und wir bekamen jede Menge anfragen à la "Ich habe am nächsten Tag einen Flug, und Hotels sind zu teuer". So etwas ist in der Couchsurfing-Community gar nicht beliebt, schließlich soll es weniger um den kostenlosen Schlafplatz gehen und eher um das gegenseitige Interesse aneinander. Die Surfer, die wir aufgenommen haben waren auch sehr unterschiedlich. Gleich den ersten, ein Amerikaner, mochte ich gar nicht, weil er vor alllem sehr stolz darauf war, wie wenig ihn seine Reise dank Couchsurfing kostete. Danach wurde es aber besser. Zwei Franzosen waren ganz lustig und wir konnten unser Französisch auffrischen. Und ein Schweizer mit viel Reiseerfahrung hatte viele spannende Geschichten auf Lager.

Eigentlich hatten wir uns vorgenommen, auf der Reise das Couchsurfen auch selber öfters zu nutzen, aber bisher war es noch nicht dazu gekommen. Denn man braucht eine gewisse Vorlaufzeit, um die Anfrage zu stellen und den Leuten Zeit zum Antworten zu geben. Dazu muss man natürlich ein paar Tage vorher wissen wann man an welchem Ort ist. Das hatten wir bisher nie geschafft. Wahrscheinlich hatten wir auch etwas Angst, dass wir an einen komischen Gastgeber geraten oder in einem Loch hausen würden. Wie bereits unsere Kreuzfahrt, bescherte uns die WM auch diese Erfahrung. Denn als wir in Manaus ankamen, war dort die WM in vollem Gange und die Hostelpreise utopisch hoch, deshalb hatten wir die Gelegenheit ergriffen und vorher schon eine Couch organisiert. Etwas beruhigt hatte mich, dass fast alle anderen Europäer auf dem Boot von Leticia auch bei Couchsurfern untergekommen waren. Auch war ich zu müde um richtig aufgeregt zu sein, denn wir kamen morgens um 4:30 in Manaus an. Nach einem guten Frühstück, dem Kauf eines Brasilien-Trikots und dem Aktivieren einer brasilianischen SIM-Karte, ging es dann zu unserem ersten Couch-Gastgeber: Ricardo.

Ricardo begrüßte uns herzlich und nachdem wir unsere neuerworbenen Trikots angezogen hatten, machten wir uns mit ihm auf zu seinen Freunden um das Spiel Brasilien-Mexiko zu schauen. Das Spiel war etwas langweilig, aber wir fanden es spannend, es mit Brasilianern zu schauen. Es lief genauso ab wie bei uns. Jeder brachte etwas mit, es wurde gegrillt, Salate verteilt und Bier getrunken. Ich hatte aber den Eindruck, dass die Deutschen das Spiel noch etwas ernster nehmen. Hier war es eher eine Nebensache und man wurde nicht direkt umgebracht wenn man jemandem versehentlich den Blick auf den Fernseher versperrte. Wir wurden sehr freundlich und interessiert aufgenommen und lernten einige von Ricardos Freunden kennen, die zum Glück fast alle Englisch sprachen. Nach dem Spiel gingen wir zum FIFA-Fan-Fest und hörten uns dort ein Konzert an.



Ricardos Freunde boten uns an, uns am nächsten Tag zum Frühstück ab zu holen und die Stadt zu zeigen, weil Ricardo arbeiten musste. Ab dem Moment hatten Magali und Rodrigo uns sozusagen adoptiert. Sie fuhren überall mit uns hin. Wir lernten noch mehr Leute kennen, uns wurde das typische Essen und alle Sehenswürdigkeiten gezeigt. Den letzten Tag verbrachten wir mit unseren neu gewonnen Freunden auf einem Hausboot am Amazonas. Dort aßen wir lecker, erzählten und probierten Stand-up-Paddle. Neben ein paar Brocken Portugisisch lernten wir auch einiges über das Verhältnis der Brasilianer zu Religion, Schönheit und Sicherheit.


Was uns aber am meisten beeindruckte, war die Gastfreundschaft der Manauser. Wir wurden so herzlich aufgenommen und integriert, als ob wir uns schon lange kennen würden. Wir waren überwältigt. Couchsurfing wird ab sofort ganz sicher noch öfter ein Teil unserer Reise. Als wir Manaus verließen waren wir wirklich traurig aber gleichzeitig froh so nette Menschen kennen gelernt zu haben. Auf Brasilianisch heißt das Saudade.

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