Mittwoch, 3. September 2014

Swasiland: vom heiligen Geist und heiligen Kühen

Unser beeindruckenstes Erlebnis in Swasiland war ein zionistischer Gottesdienst. Vergesst die leeren Kirchenbänke und die Gläubigen mit ihren ernsten Mienen in Deutschland, vergesst sogar die Glaubensshow in Brasilien mit ihrem Schlagzeug und der Powerpoint-Präsentation in Brasilien. Hier in Swasiland nimmt der Glaube eine völlig andere Dimension ein!

Die Kirche selber ist nur ein etwa 40m2 großer Lehmbau mit Bänken an den beiden Seiten und einem Tisch für den Pastor vor Kopf. Als wir ankamen war sie noch fast leer, und der Pastor begrüßte uns freundlich (unterstützt von einem Guide, der für uns übersetzte). Schon mit den ersten fünf Leuten, die ankamen, fing der Pastor an zu singen. Und zwar im Kanon. Es hörte sich an als ob ein ganzer Chor singen würde. Nach und nach trudelte der Rest ein, die meisten in einer Art Kirchenrobe. Die Männer brachten einen Stab mit, der etwas von einem Speer mit Axt hatte aber das Kreuz symbolisieren soll. Als es dann los ging wurden als erstes zwei neue Mitglieder interviewt und dann von allen anderen Anwesenden per Handschlag willkommen geheißen. Danach wurde die Robe der neuen Mitglieder geweiht, was mich stark an Hexenkunst erinnerte. Denn der Pastor hielt die Neue im Arm, die Robe zwischen ihnen eingequetscht, und betete dazu irgendeine Zauberformel, während die Gemeinde wieder sang. Während all dem verstanden wir natürlich nichts von dem was der Pfarrer sagte, aber wir hörten ihm trotzdem so gebannt zu wie alle anderen, von Jung bis Alt. Er war ein extrem charismatischer Mann, der mich an den alten Medizinmann mit dem Stab bei "König der Löwen" erinnerte.





Danach wurde es dann wirklich wild. Die Bänke wurden rausgetragen. Ein Gemeindemitglied nahm alle Speer-Kreuze, kniete sich in die Mitte des Raumes und begann inbrünstig zu beten - wobei das eher ein mit geschlossenen Augen zum Himmel brüllen war. Dazu begann der Pfarrer im Kreis darum zu gehen, die Gemeinde sang und klatschte. Nach und nach wurde der Gesang immer lauter und viele Leute folgten dem Pfarrer, so dass irgendwann eine Art Polonäse entstand. Die Menschen bewegten sich immer schneller, bis sie fast liefen. Die kleine Hütte bebte vom Rhythmus der Füße und die ganze Luft war erfüllt von einer Energie und Kraft, wie ich es noch nie erlebt habe. Das ganze schaukelte sich zu verschiedenen Texten, Rhythmen und Schrittfolgen immer weiter hoch, irgendwann kamen auch Drehungen dazu.


 


Einige Gläubige verließen vor Erschöpfung den Kreis. Andere hingegen tanzten sich in Trance. So etwas habe ich wirklich noch nie gesehen und es war sehr beeindruckend. Manche Männer hatten offensichtlich keine Kontrolle mehr über ihren Körper, zuckten und schrien teilweise. Zwei Männer tanzten sich so in rage, das sie miteinander kämpften. Der eine Mann schubste den anderen aus dem Kreis, taumelte dann selber und flog hin. Woraufhin sich der erste Mann auf ihn stürzte, ihn von hinten strangulierte und in die Schulter biss. Daraufhin wurden sie von anderen Gläubigen und dem Pfarrer auseinander gebracht. Danach wurde der Rhythmus wieder langsamer bis sie ganz aufhörten zu singen und zu tanzen. Die meisten kamen wieder zu sich und waren sichtlich erschöpft. Drei Männer waren raus gebracht worden, weil sie immer noch vom "heiligen Geist" besessen waren. Für die anderen ging es nun mit einer Bibelstunde weiter. Wir verließen jedoch das Geschehen, denn der Gottesdienst würde noch vier Stunden dauern. Die ersten beiden Stunden waren jedenfalls wie im Flug vergangen.



Den Nachmittag und die Nacht verbrachten wir dann in bei einer Familie im Dorf. Wobei Dorf es eigentlich nicht ganz trifft, denn die Familien leben sehr verstreut. Eine Familie baut einige Rundhütten, die eng zusammen stehen und den Kraal - oder die Homestead - bilden. Darum ist Platz für die Kühe und ein wenig Anbau von Gemüse und Mais, und die nächsten Nachbarn sitzen unter Umständen erst einen Hügel weiter. Wir lernten einiges über die Kultur der Swasi, wie sie traditionell Hütten bauen, wie Familien zusammen leben und immer wieder, wie wichtig Kühe sind. Auf dem Land dreht sich alles darum, wieviele Kühe man hat. Wenn man gegen die Dorfregeln verstößt muss man eine Strafe in Form von Kühen bezahlen. Will man die Erlaubnis haben ein Haus zu bauen, muss man dem Chief eine Kuh geben, natürlich muss man auch für eine Braut 17 Kühe bezahlen. Das stehlen von Kühen ist zwar weit verbreitet aber auch eines der schlimmsten Verbrechen. Als ich wissen wollte wofür die Leute die Kühe den nutzen, verstand unser Guide meine Frage erst gar nicht. Ich schlug ihm vor: wegen der Milch, wegen dem Fleisch... Das bejahte er. Im Grunde sei eine Kuh aber wie eine Bank. Denn solange man eine Kuh besitze habe man Geld. Meine Frage danach wofür sie ihre Kuehe halten hatte sich also für ihn so angehört wie für uns die Frage wofür wir denn Geld bräuchten. Es ist als wäre die Zeit stehen geblieben in Swasiland. Jedenfalls auf dem Land und schließlich ist fast das ganze Land ländlich.

 
Nachdem wir die ganze Zeit gehört hatten wie wichtig Kühe sind, fanden wir es besonders interessant uns am nächsten Morgen das örtlichen Cattle-Dipping anzuschauen. Einmal in der Woche treiben alle Anwohner der näheren Umgebung ihre Kühe an einem Ort zusammen wo sie sie dann durch ein Desinfektionsbad treiben. Da jeder Kühe besitzt kamen ganz schön Viele zusammen. Offensichtlich gefiel den Kühen die Prozedur nicht, und besonders die Kälber sorgten immer wieder für Blockaden. Wir beobachteten das Treiben und wurden immer wieder sehr freundlich begrüßt. Viele Swazis kamen auch zu uns und begannen - über unseren Übersetzer - eine kurze Unterhaltung. Ausser dem Desinfektionsbad, was gegen Zecken gemacht wird, wurden die Kühe auch gezählt und registriert. Außerdem wurden einige Bullen kastriert. Das sah wirklich schmerzhaft aus, und die Tiere wurden dabei nicht betäubt. Thorben konnte sich das ganze gar nicht anschauen.





In einem wissenschaftlichen Experiment wäre Swaziland die perfekte Kontrollgruppe für Südafrika um die Frage zu beantworten, wie Südafrika aussehen würde ohne den deutlichen Einfluss der Europäer und ohne die Apartheid. Denn in Swasiland hat es nie viele Weiße gegeben, und es hat sich als kleines Land gehalten, dass bis heute von einem absoluten Monarchen regiert wird. Die Menschen in Swasiland sind bestimmt nicht wohlhabender als die Zulus und Xhosa in Südafrika. Sie sind in der Tat weniger entwickelt. Das Experiment würde aber zeigen, dass Menschen zufriedener sind wenn es keine großen Einkommensunterschiede im Land gibt. Selbst wenn das heißt, dass alle wenig haben. Na gut, bis auf den König und seine Familie, aber das ist kulturell akzeptiert.

Ein weiterer Unterschied zu Südafrika, ist das die Menschen wesentlich entspannter miteinander und mit uns umgehen. Südafrikaner sind auch sehr freundlich, aber irgendwie hatten wir den Eindruck, dass es zwischen Schwarzen und Weißen meist eine gewisse Spannung und Distanz gibt. Vielleicht bildet man sich das als Weißer auch nur ein, weil man irgendwie doch ein schlechtes Gewissen hat. Die Freundlichkeit der Swasileute ist dagegen ganz unbeschwert und offen. Man fühlt sich wirklich willkommen. Aber auch hier hat das Leben seine Schattenseite und in Swasiland kommt sie in Form von AIDS. Jeder dritte Swasi ist infiziert und die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei Mitte dreißig. Sei es wegen der Traditionen oder wegen mangelnder Aufklärung, die Ausbreitung der Krankheit kann seit Jahren nicht gestoppt werden.

Wir verließen Swasiland mit dem Gefühl ein Land besucht zu haben, dass noch stark in seinen Traditionen verwurzelt ist, in dem sich das Leben in den letzten 100 Jahren für Viele nicht sehr stark verändert hat und in dem die meisten Menschen respektvoll und freundlich miteinander umgehen.

1 Kommentar:

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