Samstag, 20. September 2014

Südafrika: unser Fazit

Unser erster Eindruck von Südafrika war nicht so positiv. In den ersten Tagen sind uns die Trennung und gegenseitigen Vorbehalte zwischen den Hautfarben deutlich aufgefallen - vielleicht vor allem weil wir aus Brasilien kamen, wo der Umgang ganz anders ist.

Und drängte sich der Eindruck auf, dass die Weißen die Schwarzen noch immer in Kolonialmanier dominieren obwohl das Land eigentlich den Schwarzen gehört. Was wir nicht wussten ist, dass Südafrika viel komplizierter und vielschichtiger ist. Dass die weißen Südafrikaner Britischer, Holländischer und Deutscher Herkunft in vielen Gegenden bereits genauso lange wie die schwarzen Bantu-Südafrikaner wohnen. Oder dass es mit den "Coloured" noch eine weitere Gruppe gibt, die eben nicht nur die Mischung aus schwarz-weiß ist. Wenn man noch die große indisch-stämmige Minderheit und (je nach Schätzung) 2-7 Millionen illegale Einwanderer aus anderen afrikanischen Ländern dazu nimmt, dann ist klar, dass die südafrikanische Realität keinesfalls so schwarz/weiß ist wie wir anfangs dachten und wir in den vier Wochen nur ein paar kleine Ausschnitte erleben konnten. Es ist nicht klar ob es den Schwarzen ohne die Weißen besser oder schlechter ginge, da die Weißen das Land  entwickelt haben. Sie haben  Infrastruktur und Landwirtschaft aufgebaut, wovon die Schwarzen zumindest in den letzten beiden Jahrzehnten auch profitieren können. Was aber  wissenschaftlich bewiesen ist, ist das starke Ungleichheit unglücklich macht. Vermutlich ein Grund für die hohe Kriminalitätsrate.

Für uns ist das Leben der weißen Südafrikaner natürlich am einfachsten zugänglich, weil es unserer Kultur so ähnlich ist und es auch recht bequem ist. In Johannesburg und vor allem in Kapstadt fühlt man sich wie in Europa. Obwohl ich doch, mehr als unsere Freunde die hier wohnen, den Eindruck habe, dass einen die Bedrohung beraubt zu werden ziemlich einschränkt. Man kann durchaus Dinge unternehmen, aber man hat doch stets die Sicherheitslage im Hinterkopf. Zum Beispiel hätte ich mich gerne mit dem Tablet in einen Park gesetzt um diesen Blog zu schreiben, was ich aber aus Sicherheitsgründen nicht getan habe. Auch muss man wissen in welches Viertel man nach Anbruch der Dunkelheit noch gehen kann. Bei einer groß organisierten Radtour durch Johannesburg nach Einbruch der Dunkelheit, hatte Thorben in einer nicht besonders guten Gegend einen Platten. Von einem Herumstehenden wurden wir zunächst freundlich angesprochen und als Thorben das nicht direkt mitbekommen hat, wurde derjenige recht aggressiv. Alleine wäre ich dort nicht gerne rumgelaufen. Vor allem in Johannesburg, aber auch in Kapstadt bewegt man sich am besten mit dem Auto fort, da es sicher und bequem ist.

Im Vergleich zu anderen Entwicklungsländern sind südafrikanische Städte aber teilweise ein Traum. Sie sind sauber, haben einen einigermaßen funktionierendes Verkehrssystem und zumindest ausserhalb der Townships gute Wohnmöglichkeiten. Kapstadt ist wirklich toll gelegen. Zwischen Bergen und Meer bietet es allen Outdoorliebhabern genügend Abwechslung: wandern, surfen, kayaking, ect. Die nahen Weingüter sorgen auch noch für Genuss. Und das beste ist natürlich das Wetter. Zu mindest als wir dort waren, strahlte die Sonne im Winter bei 26 Grad.

In Kapstadt haben wir dann auch zum ersten mal gespürt, dass das Land dabei ist, langsam zusammen zu wachsen. Es gibt eine schwarze Mittelschicht und gemischte Paare. Vielleicht ist dies sogar ein Erfolg der Regierung, die durch Quoten von schwarzen Mitarbeitern in der Managementebene für neue Vorbilder und Aufstiegsperspektiven sorgen möchte. Allerdings ist Kapstadt auch historisch gesehen der liberalste Teil Südafrikas gewesen. Dort wurde z.B. als erstes die Sklaverei abgeschafft und für gewisse Rechte der schwarzen Bevölkerung gesorgt.

Dank Bobby, unserem Couchsurf-Gastgeber, haben wir einen kleinen Einblick in den landwirtschaftlich geprägten Osten des Landes bekommen. Hier hatten wir den Eindruck, dass Schwarze und Weiße zwar miteinander bzw die ersteren für die letzteren arbeiten, sie jedoch noch sehr unterschiedlich und separat leben. Die Weißen besitzen oft die Farmen und die Schwarzen sind - wenn sie Arbeit haben - dort angestellt. Hier versucht die Regierung mit den Aufkäufen von Ländereien und der Überschreibung an Schwarze für Durchmischung zu sorgen. Laut Bobby mit nur mäßigem Erfolg, da die schwarzen Farmer aus mangelnder Erfahrung oft direkt wieder Pleite gingen.

Von den traditionellen Sitten der Schwarzen haben wir eine kleine Kostprobe im Xhosa-Dorf Bulungula und einem Siswati-Dorf das wir in Swasiland besucht haben, bekommen. In diesen Gegenden schien die Zeit noch still zu stehen und das Leben geht seit Jahrzehnten seinen gewohnten Gang. Von Modernität und Fortschritt konnten wir dort wenig spüren, dafür aber umso mehr von Herzlichkeit und Gastfreundlichkeit. Insgesamt ist dieser Teil Südafrikas wesentlich schwerer zu erreichen und zu erfahren als der städtische Teil des Landes. Wären wir ohne Mietwagen und dafür mit den Minivan-Taxen unterwegs gewesen, hätten wir mit Sicherheit einen besseren Einblick in diesen Teil der südafrikanischen Gesellschaft bekommen - dafür aber vielleicht ein wenig "informelle Vermögensumverteilung" oder nennen wir es "Entwicklungshilfe" geleistet. Sprich, wahrscheinlich wären wir um unsere Rucksäcke erleichtert worden.

Wir haben in Südafrika aber auch mehr als in anderen Ländern einfach Urlaub gemacht und zum Beispiel einen großen Teil unserer Zeit  in Nationalparks verbracht. Da wir beide noch nie in Afrika waren, waren Zebra, Elefanten und Co für uns etwas ganz besonderes. Dazu kommen noch schön gelegene Lodges, guter Wein und leckere Steaks, so dass Südafrika absolut gute Erholungs-Qualitäten hat. Allerdings haben diese auch ihren Preis - dadurch, dass wir in den letzten vier Wochen mit Mietwagen unterwegs waren und uns auch sonst eher das Urlaubsprogramm als den Abenteuertrip gegönnt haben, hat Südafrika unsere Reisekasse bisher von allen Ländern am stärksten belastet.

Alles in allem war Südafrika ein idealer Einstieg für unsere weitere Reise in Afrika. Wir konnten soviel Neues erleben wie wir wollten und uns doch auch wieder in eine uns vertraute Welt zurückziehen, wenn uns danach war.

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