Freitag, 20. Juni 2014

Von Kolumbiens tropischen Stränden bis zum wüsten Ende der Welt

Nachdem wir bereits drei verschiedenen Stränden um Santa Marta herum gesehen hatten, waren wir wenig beindruckt von kolumbianischen Stränden. Wir erwägten deswegen auch den Parque Tayrona zu streichen. Gut, dass wir es nicht getan haben. Und als genauso gut erwies sich die Entscheidung das Wüstengebiet um Cabo de la Véla nicht im Rahmen einer geführten Tour sondern auf eigene Faust zu erkunden.



Zusammen mit der Gruppe mit der wir die Verlorene Stadt erwandert hatten, machten wir uns auf den Weg zu einigen der schönsten Strände die wir je gesehen haben. Dorthin kamen wir nach einer Fahrt mit dem lokalen Bus und danach einer 2-stündigen Wanderung durch den Regenwald und über ziemlich wilde Strände mit Mörderwellen. Da es heiß war und wir Pausen machten kamen wir im Endeffekt erst nachmittags an unserem Schlafquatier an. Wir ergatterten sieben von 12 Hängemattenschlafplätzen in einem kleinen Aussichtsturm auf einem Hügel über zwei wunderschönen Stränden. Der Turm steht auf einem Felsen, der über eine kleine Sandbank mit dem Land verbunden ist. Von dort oben hatten wir den schönsten Ausblick den ich je von einem Schlafplatz hatte. Wir hüpften fast vor Freude über unsere Unterkunft.
Am Strand mit unserem Schlafplatz im Hintergrund


Ausblick von unserem Schlafplatz
Die Nacht war stürmisch und unsere Hängematten bewegten sich im Wind. Da ich alle Kleidung trug, die ich mithatte, war mir nicht kalt. Aber der Rand der Hängematte flatterte mir ständig ins Gesicht. Weil ich nicht schlafen konnte ging ich aus unserer Pergola raus und schaute in den Himmel. Die Milchstraße war deutlich zu erkennen und auch sonst sah ich so viele Sterne wie selten. Dazu brachen sich die Wellen an riesigen Felsen direkt unter mir. Es war wunderschön.

Das beste am Parque Tayrona ist seine Abgeschiedenheit. Da man mit seinem Gepäck bis zum Schlafplatz wandern muss, gibt es hier nur Individualturisten. Es gibt aber auch längst nicht so viele Backpacker wie an vergleichbar schönen thailändischen Stränden. Da die Preise im Park durchaus moderat sind, kommen sowohl Ausländer als auch Kolumbianer hierher. Der Park hat eine entspannte, fast hippiehafte Atmosphäre. Toll.

Unsere Wandergruppe machte sich bereits nach der ersten Nacht auf den Rückweg. Wir blieben noch eine weitere Nacht. Ein paar Argentinier brachten mir bei wie man mit einem Taschenmesser und einem Stein Kokosnüsse aufmacht. Und so verbrachten wir die Tage neben lesen, schwimmen und andere Leute kennenlernen damit, Mangos und Kokosnüsse zu suchen und zu essen.

Nach soviel Entspannung war es Zeit für etwas mehr Abenteuer. Thorben und ich wollten vom grünen Regenwald zur staubigen Wüste. Auf der Haupstrasse vor der Einfahrt zum Park hielten wir einen Bus an, der auf dem Weg von Santa Marta nach Riohacha war. Von Riohacha fuhren wir in einem Sammeltaxi nach Uribia und von dort auf der Ladefläche eines Pickups nach Cabo de la Vela. Die Landschaft in Cabo de la Vela ist bizarr und sehenswert. Wirklich interessant hat den Ausflug aber erst unsere Reise dorthin und wieder zurück gemacht.

Direkt im Sammeltaxi lernten wir Dario und Ruben, zwei kräftige Kolumbianer Ende Fünfzig, kennen. Die beiden hatten das selbe Endziel und so ließen wir sie die Preisverhandlungen für unseren Pickup machen. Sie kamen aus Medellin und die Medelliner haben hier den Ruf passionierte Verhandler zu sein. Mit den üblichen Gepflogenheiten der Fahrer kannten sie sich aber nicht aus. Wir fuhren, ander als versprochen, natürlich nicht sofort los, sondern warteten fast eine Stunde auf mehr Passagiere und Fracht. Am Ende waren wir aber trotzdem nur zu siebt auf der Ladefläche des Pickups und hatten genug Platz. 

Unter den Passagieren war ein Schildkrötenforscher, der uns von seiner Arbeit und seinem Leben in der Region erzählte. Er bezahlte seine indianischen Angestellten nur zu 70% mit Cash. Der Rest wurde in Lebensmittelmarken ausgezahlt. Die Indianer würden sonst alles vertrinken, weil es dort kaum Ablenkung gäbe. Ein mitreisender Wayuu-Indianer wiederum erklärte uns, dass die Hütten, die wir auf dem Weg sahen nicht aus Holz seien sondern aus Kaktuskernen erbaut wurden. Diese hielten bis zu 25 Jahre. Außerdem zeigte er uns zerstörte Güterwaggons, die am Wegesrand rumlagen. Sie waren die traurigen Überreste eines Terroranschlags der FARC vor einigen Jahren. Unsere gut einstündige Fahrt wurde mehrfach unterbrochen um zu tanken. Getankt wurde jedoch nicht Bezin sondern Bier. Außer mir saßen nur Männer im Auto und alle tranken reichlich. Mir wurde jedoch erst mulmig als ich sah, dass auch der Fahrer kräftig mittrank - zum Glück bemerkte ich das erst kurz vor der Ankunft.

Cabo de la Vela
Trotz unserer Stopps kamen wir wohlbehalten in Cabo de la Vela an. Die Stadt machte auf uns den Eindruck einer Geisterstadt, bzw  eines Geisterdorfs. Niemand war auf der einzigen Straße zu sehen, der Staub wurde vom Wind hochgewirbelt und das einzige Zeichen von Leben waren ein paar Hunde die träge im Schatten dösten. Wir kamen in einer hostelähnlichen Posada unter, die einer Wayuu-Familie gehörte. Wir ruhten uns etwas in unserem Bett, genauer gesagt in der hier üblichen Chinchorro-Hängematte, aus und machten uns dann trotz der immer noch starken Hitze um vier Uhr nachmittags auf den Weg zur Hauptattraktion der Gegend: Ein Strand umgeben von Klippen. Wir hatten gelesen, dass man dorthin wandern kann. Die Instruktionen unseres etwas unmotivierten Wayuu-Gastgebers waren jedoch wage. Und als ich die von ihm skizzierte Wegbeschreibung herausholte wurde mir klar wie nutzlos sie war. Es gab nämlich keine richtigen Wege. Es gab nur Sand, vertrocknete Büsche und ein paar Autospuren, die sich aber nicht an einen Weg hielten. Wir wanderten also mehr oder weniger Querfeldein. Thorben hatte Angst, dass wir uns in der Wüste verlaufen würden und nicht vor Einbruch der Dunkelheit zurück wären. Ich hatte Angst vor streunernden Hunden. Aber unsere Sorgen waren umsonst und nach einer Stunde erreichten wir den Zuckerberg. Die Wanderung war alles andere als schön gewesen, hatte uns aber beeindruckend gelehrt, wie trostlos und kräftezehrend eine Wüste ist.



Der Ausblick vom Zuckerberg war dafür spektakulär. Wüste, Küste und Meer wohin das Auge sah. Kein Zeichen von Zivilisation. Wir hatten das Gefühl nicht nur am Ende der Welt sondern auch am Ende, oder besser gesagt am Wendepunkt, unserer Reise angekommen zu sein. Von hieraus würden wir (mit kleinem Umweg) zurück nach Hause in die Zivilisation fahren. Nachdem wir noch die Abendröte über den Klippen bewundert hatten, konnten wir, zusammen mit Deva die wir im Hostal kennengelernt hatten, glücklicherweise eine Gruppe Kolumbianer, die mit einem Minivan unterwegs waren, überreden uns mit zurück zum Dorf zu nehmen. Sie waren Künstler aus dem Umland und veranstalteten einen Literaturabend am Strand, zu dem sie uns einluden.

Auf einem ausgetrocknetem Salzsee auf dem Rückweg
Der Rückweg nach Santa Marta verlief ebenso ereignisreich wie der Hinweg. Irgendwie hatten es Dario und Ruben geschafft einen Pickup für 7:30 zu organisieren. Alle anderen Autos fuhren bereits um 4:30 morgens los. Diesmal quetschten sich 16 Leute ins Auto. Zwei Indianerinnen, zwei Amerikanerinnen, zwei Deutsche, zwei Ziegen und der Rest Kolumbianer, wie Dario vergnügt kommentierte. Die armen Ziegen lebten noch und waren vor Schock über ihre Gefangenschaft wie gelähmt. Obwohl unsere späte Abfahrt angenehm war, hatte sie einen Nachteil. In Uribia, der Hauptstadt der Wayuu Indianer, wollte uns keiner mehr nach Riohacha bringen. Wir nutzte die Wartezeit um über den Markt zu gehen wobei mein kurzes Sommerkleid die Aufmerksamkeit der männlichen Marktteilnehmer auf sich zog. Als wir nach längerem Warten immer noch kein Transportmittel hatten, liesen wir uns an eine vielbefahrene Kreuzung bringen von der wir hofften einen Bus anhalten zu können. Zu unserem Glück machte dort kurze Zeit später ein Bus halt der uns nach Santa Marta brachte.
Unsere "Reisegruppe"

Was mir wirklich gut an unserem Ausflug nach Cabo de la Vela gefallen hat, ist, dass wir so viele nette Menschen kennengelernt haben und so viel vom dortigen Leben mitbekommen haben. Diese Art zu reisen ist die, die ich mir vorgestellt hatte auf einer Weltreise. Man fährt los und schaut wie man weiterkommt. Dabei trifft man interessante Leute und macht vielleicht einen Umweg. Aber man kommt immer an, denn der Weg ist das Ziel.

2 Kommentare:

  1. Wollte mal testen, ob Kommentare funktionieren

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  2. Liebe Kinder, ich bin froh, dass es euch gut geht. Freue mich immer über eure interessanten Berichte. Passt weiterhin auf euch auf. Ich wünsche euch noch viele schöne Momente und bleibt mir gesund.
    Herzlichst Mama

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