WIR SITZEN AM FLUGHAFEN von Sansibar und
warten auf unseren Flug nach Deutschland. Es dämmert mir so langsam, dass unsere Reise zu Ende ist, aber so richtig
kann ich es nicht fassen. An dem ein oder anderen Tag habe ich mich nach Hause
gewünscht, haben uns die Touristenabzocker genervt,
oder in fremden Ländern nichts zu
verstehen, Transport und Unterkunft zu suchen und in schlechten Betten zu schlafen.
Ich freue mich sehr auf meine Familie, meine Freunde, unsere Wohnung, das
Ankommen ohne bereits die nächste Station zu planen. Aber
mittlerweile wird mir auch bewusst, dass dies nicht nur ein nach Hause kommen
ist, sondern auch das Ende unserer Reise. Und das stimmt mich wehmütig. Vorbei die Zeit, in der wir jeden Tag etwas anderes
unternehmen, keinen Alltag kennen, keine Hausarbeit machen, keine Routine haben,
Zeit haben zu reflektieren über das Erlebte, neue
interessante Menschen kennenlernen und großartige Landschaften, Tiere oder Monumente bestaunen. Ein Traum von
mir geht zu Ende.
Ich bin mehr als glücklich, meinen Traum gelebt zu haben. In elf Monaten hat sich die
Welt für mich verändert. Wenn ich heute an Indien, Myanmar, China, USA, Kuba,
Kolumbien, Brasilien, Südafrika und Tansania
denke, dann denke ich an vollkommen andere Länder als vor unserer Reise. Jedes dieser Länder hat unglaublich spannende Traditionen, Landschaften, Menschen
und Geschichten. Ich habe den Reiz des Exotischen kennengelernt, aber auch
dahinter schauen können. Während ich vor der Reise dachte, dass ich weltoffener nach Hause
kommen würde, habe ich heute das
Gefühl, mehr zu differenzieren. Dinge die für mich in Stein gemeißelt
waren, fingen an zu bröckeln. So bin ich nicht
mehr der Meinung, dass Demokratie eine absolute Voraussetzung für Entwicklung ist. Das Ein-Parteien-Land China direkt nach der
Demokratie Indien zu sehen, hat mir vor Augen geführt, dass die unterdrückerischen
Methoden der chinesischen Regierung viele Menschen aus der Armut gehieft haben.
Auch über die in Indien übliche arrangierte Hochzeit denke ich nun positiver, jedenfalls wenn
es nicht um Minderjährige geht. In Myanmar
und Kuba habe ich gelernt kritisch über westliche
Embargos nach zu denken, die meiner Meinung
nach mehr den dortigen Menschen als den Regierungen geschadet haben. Während ich die anfänglichen Erfolge des
Komunismus in Kuba zu schätzen lernte, konnte ich
nicht nur den Verfall der Häuser und Fabriken sondern
auch der Moral in diesem sich nicht weiterentwickelnden Staat beobachten. In
Kolumbien und Brasilien habe ich wenig von der dort angeblich alltäglichen Gewalt mitbekommen und viel mehr die Herzlichkeit der
Menschen gespührt. In Südafrika war ich einerseits beeindruckt von der Infastruktur und der
Effizienz des Landes aber auch erschrocken über den immer spürbaren Konflikt zwischen
Schwarz und Weiß. In Tansania wurden mir
die Grenzen der Entwicklungshilfe und die Allgegenwärtigkeit der Korruption deutlich. Wobei die Korruption das
Hauptproblem in sämtlichen von uns
besuchten Laendern ist - mit Ausnahme der USA. Nach diesem Jahr habe ich meine
rosarote Brille der Toleranz für sämtliche Kulturen abgesetzt. Während ich weiterhin versuchen möchte vorurteilsfrei fremden Menschen und anderen Traditionen gegenüber zu stehen, habe ich mir doch erlaubt einige Dinge nicht
hinnehmen zu wollen. Ganz weit oben dabei ist der Umgang mit Frauen, vor allem
in Indien aber auch in Tansania. Natürlich
lernt man in der Ferne auch sein eigenes Land zu schätzen. Am meisten schätze ich unsere
funktionierende Demokratie und unsere nichtbestechlichen Beamten. Es gibt mir
das nun zu schätzen gelernte Gefühl, ein mir angetanes Unrecht nicht tolerieren zu müssen.
Aber ich habe auf dieser Reise nicht nur
etwas über die Welt sondern auch etwas über mich gelernt. Das ist natürlich sehr persönlich und nicht der rechte
Ort hier. Aber ganz grob gesagt, tut mir etwas mehr Gelassenheit und etwas
weniger preußische Strenge gut. Außerdem bin ich besser darin geworden, zu merken was ich möchte und was nicht. Es hört sich
banal an, ist es aber nicht. Natürlich
lernt man auf so einer Reise in der man Tag und Nacht fast 24h zusammen ist,
auch ganz schön viel über seine Beziehung. Dazu nur so viel: Wenn man nach so einer
intensiven Zeit, in der man mehr als einmal mit den Nerven am Ende war, immer
noch zusammen ist, dann ist das ein gutes Zeichen. Neben der persönlichen Weiterentwicklung haben wir auch eine Menge praktische Dinge
zu unterschiedlichem Grad gelernt: meditieren, Apnoe-tauchen, Chinesisch, Salsa
Tanzen, Yoga, Tai Chi, Kitesurfen, Wellenreiten und ein paar Worte Portugisisch
und Kisuaheli. In jedem Fall kommen wir bereichert nach Hause. Und um nichts in
der Welt möchte ich diese Erfahrung,
diese Weltreise missen wollen. Wenn ich die Reise nocheinmal machen könnte würde ich alles wieder
genauso machen. Denn unsere Reise hat meine hohen Erwartungen noch übertroffen.
Barbara
Barbara
:-)
AntwortenLöschen